Tesla Model S Plaid im Test: Ready for take off!

Es ist schon eine Ehre, wenn man in der Topversion des Model S Platz nehmen darf. Immerhin sprechen wir hier von einem Elektrofahrzeug mit sage und schreibe 1.020 PS Systemleistung. Über das Drehmoment gibt der Hersteller keine Angabe, aber man munkelt von knapp 1.400 Nm, die via Allrad auf alle vier Pneus losgelassen werden. Die vierstellige Systemleistung, welche über ein Elektromotoren-Trio generiert wird, sorgt zumindest bei den ersten Raketenstarts für ziemliche Nackenschmerzen, aber diese nimmt man im Model S Plaid gerne in Kauf. Außerdem feiern wir es, dass meist nur wahre Tesla-Fans das Topmodell erkennen und das Model S Plaid oftmals als wahrer Wolf im Schafspelz durchgeht.
Zahlreiche Fragen über das Topmodell haben sich im Alltagsbetrieb eigentlich ganz von alleine beantwortet, aber alles nach der Reihe.

Interieur: Clean, teilweise schon zu clean

Ein sehr spannendes Thema, denn in Zeiten wie diesen switchen bei der Bedienung immer mehr Hersteller auf reine Touchbefehle. Klar benötigt es hier eine gewisse bzw. logische Struktur, um nicht während der Fahrt in den Untermenüs zu suchen, um den gewünschten Befehl zu finden und ausführen zu können – bestenfalls gesellen sich noch ein paar hektische Assistenzprogramme hinzu, die Dich dann akustisch warnen und hinter dem Lenkrad verfällt man in eine kurzzeitige Herzrhythmusstörung. All diese genannten Punkte klappen bei Tesla einfach um Welten besser, sofern man sich mit der Aufmachung des 17-Zoll großen und 2200 x 1300 Pixel scharfen Infotainment-Systems tiefgründig (wohlgemerkt bei geparktem Fahrzeug) beschäftigt hat.
Sehr überrascht waren wir von der hochwertigen Haptik des Fahrzeugs, denn nicht nur die Materialwahl an sich fällt äußerst hochwertig aus – nichts klappert, nichts scheppert und der Sound of Silence wird mittels der knapp 1.000 Watt Musikanlage mit 22 Lautsprechern ordentlich gelockert.
Großes Lob gibt es auch für die sehr luftigen Raumverhältnisse im gesamten Fahrzeug, dies gilt natürlich auch für das Ladevolumen mit sensationellen 793 Liter in der Basis, bei umgeklappter Rückbank sind es sogar knapp 1.900 Liter.

Äußerst gewöhnungsbedürftig fällt das Handling des Fahrzeugs via Yoke-Lenkrad aus (dieses findet man nun gegen minimalen Aufpreis in der Optionsliste). Natürlich hätte hier die Steer by Wire Technik ein wenig Abhilfe geschaffen, um beim Rangieren nicht ins Leere zu greifen, da man den Lenkeinschlag reduzieren hätte können. Außerdem finden wir es nicht gerade logisch, dass man beide Blinkrichtungen auf der linken Seite des futuristischen Lenkrads platziert hat – klar gewöhnt man sich nach einer gewissen Zeit daran, aber eine intuitive Steuerung geht anders. Da wäre auch noch die Fahrstufenwahl mittels Slider am Zentraldisplay – vielleicht bin ich hier etwas altbacken, aber dies würde ich schon noch gerne mittels Gangwahlhebel (beispielweise) neben dem Volant erledigen.

Hingegen sehr cool finden wir, dass man über die Tesla-Smartphone-App alle nötigen Infos über das Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekommt, selbst das Entsperren und Verriegeln funktioniert so – dies ginge auch via Fahrzeugkarte, Fahrzeugschlüssel gibt es keinen mehr.

Fahreindrücke und Lademanagement: Ein Raketenstart der Sonderklasse!

Natürlich hat man nicht jeden Tag die Chance ein Fahrzeug mit über 1.000 PS zu beschleunigen, hier bewegen wir uns in einer Liga, die sich wohl vor einigen Jahren niemand vorstellen hätte können. Sportwagen mit diesen Leistungsangaben sind meist mit Beträgen in Millionenhöhe bepreist und selbst für Wohlhabende nur sehr schwierig zu ergattern. Bei Tesla funktioniert das Ganze deutlich günstiger und unproblematischer, außerdem ist die E-Power nochmals eine ganz andere Welt, immerhin prescht Dir der Plaid in Mikrosekunden nach betätigen des Pedals eine in den Nacken, dass selbst der Chiropraktiker die Welt nicht mehr versteht.
Der sogenannte Dragstrip-Modus wurde erst nach einigen Beschleunigungsversuchen im Normal- und Plaid-Modus gewählt. Wir würden den Passagieren jedenfalls empfehlen, dass man diesen Modus erst einige Stunden vor oder nach dem Essen aktiviert. Das Model S Plaid senkt hierbei auch nochmals die Karosserie ab und symbolisiert auf dem Display hinter dem Volant wann der Raketenstart getätigt werden kann. Tesla gibt für den rollenden Start lediglich 2,1 Sekunden auf Tempo einhundert an. Wir würden auch die rollende Variante bevorzugen, da sich der Start auf dem Stand für manche Passagiere nicht ganz so mit dem Magen vereinbaren lässt. Zwischen kaum realisierbaren Momenten und ziemlich blassen Gesichtern haben wir unglaubliche Eindrücke mit dem Model S Plaid gesammelt.
Klar beeindruckt diese unglaubliche Beschleunigungsorgie, die wohlmöglich auch einen Dauervertrag mit dem Reifenhändler seines Vertrauens mit sich bringt.

Darüber hinaus beeindruckt das Model S Plaid dank der Luftfederung – die in Stufen einstellbar ist – trotz der optionalen 21-Zöller mit einem unglaublich hohen Langstreckenkomfort, den man der Topversion vor dem Test keinesfalls zugetraut hätte.
Außerdem sind wir auch vom simplen und zugleich ebenso flotten Lademanagement mittels Tesla Supercharger beeindruckt. Wir konnten 300 Kilometer in nur 30 Minuten nachladen, dies gelingt dank bis zu 250 kW Ladeleistung (bei öffentlichen Schnelladern meist mit maximal 200 kW).
Im gesamten Testzyklus sind wir mit 21,3 kW unterwegs gewesen, das ist für ein Fahrzeug mit einer vierstelligen Systemleistung schon ein sehr beachtlicher Wert.
Die 600 Kilometer nach WLTP sind in der Praxis wohl auch mit einem recht zarten Fuß am Gaspedal nicht zu erzielen, jedoch ist es schon sehr beeindruckend, dass man 450-500 Kilometer mit einer Akkuladung selbst bei hochsommerlichen Temperaturen trotz dieser enormen Leistung unterwegs ist.

Unser Fa(hr)zit:

Auch wenn das Model S bereits einige Jahre auf dem Buckel hat, überzeugt das fünf Meter lange Modell nicht nur bei der Beschleunigung, sondern schneidet auch bei zahlreichen anderen Teilbereichen äußerst positiv ab. Auch wenn das Yoke-Lenkrad zu Beginn noch ziemlich gewöhnungsbedürftig zu bedienen war, würden wir es beim Kauf eines Plaid Modells bestellen. Und auf die Frage ob nicht das „normale“ Model S reichen würde? Nein, wenn es die finanzielle Lage zulässt würden wir jedenfalls das Model S Plaid wählen. Wer kann schon behaupten, dass er mit drei Elektromotoren 1.020 PS Systemleistung generiert?

Was uns gefällt:

  • Der Mix aus Sportlichkeit, Komfort und Raketenstart
  • Die Leistung der Musikanlage
  • Die Rechenleistung der Infotainment-Zentrale
  • Die Ladegeschwindigkeit
  • Der niedrige Testverbrauch
  • Das Preis-Leistungs-Verhältnis pro PS

Was wir noch verbessern würden:

  • Die Platzierung der Blinkfunktion
  • Einen Gangwahlhebel

Factbox – Tesla Model S Plaid

Motor/Antrieb

Motor: drei Hochleistungselektromotoren mit karbonummantelten Rotoren
Leistung kW/PS:  Systemleistung: 750 kW/ 1020 PS (vorne 314 kW / 427 PS, hinten 2x 309 kW / 420 PS)
Drehmoment:  keine Angabe
Antrieb: Allrad
Getriebeart: Automatikgetriebe
0-100 km/h:  2,1 Sekunden (rollender Start)
V-Max:  282 km/h (mit Keramik-Bremsanlage 322 km/h)

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert:  18,7 kWh/100 km (WLTP)
Gas-Junky-Test – Durchschnitt:  21,3 kWh/100 km
Reichweite nach WLTP:  bis zu 600 km

Ladedauer

AC bis 16,5 kW
DC bis 250 kW Tesla Supercharger:
322 km im 15 Minuten im Idealfenster

Bremsen/Reifen/Felgen

Bremsen: VA: Scheibenbremsen belüftet, HA: Scheibenbremsen belüftet
Felgen/Reifen: VA: 265/35 ZR21, HA: 295/30 ZR21

Gewicht und Maße

Leergewicht:  2.162 kg
L/B/H: 5,021 m /1,987 m /1,431 m
Radstand: 2,960 m
Kofferraumvolumen: 793-1.828 Liter

Preise

Model S zu haben ab: € 106.490,-
Model S Plaid zu haben ab:
€ 131.490,-
Preis Testfahrzeug inkl. E-Mobilitätsbonus und inklusive Steuern:  € 146.020,-

Sonderausstattung:

Midnight Silver Metallic € 2.200
21-Zoll Arachnid-Felgen € 4.900
Premium-Innenraum schwarz und weiß mit Karbonfaser Dekor € 2.400
Enhanced Autopilot € 3.800
Ziel- und Behördengebühren € 980

(c) Bilder: Sebastian Poppe