Ford Focus ST Praxistest: Rote Verlockung

Der Ford Focus wurde 2022 einer gehörigen Frischekur unterzogen. Neben dem neuen Design gab es auch, wie bereits bei Gas Junky zu lesen, neue Hybridantriebe mit dem mittlerweile wohlbekannten EcoBoost Benziner im Vordergrund. Doch nicht nur bei den ziviler motorisierten Focus-Versionen wurde Hand angelegt, sondern auch bei einem der ursprünglich zwei Topvarianten des Focus. So wurde leider der RS nach der vierten Modellgeneration in Rente geschickt und der ST als neue Speerspitze auserkoren und mit dem Facelift wie gewohnt von Ford Performance verfeinert, um der sportlichen Ford Focus Linie einigermaßen treu zu bleiben. Dieser Schritt ist erfreulich, denn trotz großer Einschränkungen gibt es besonders bei Kompaktsportlern einen erstaunlich hohen Absatz der Kraftzwerge und genau hier soll der ST satt punkten.

Exterieur: Dezenter als sein Vorgänger

Sportlichkeit steht im Vordergrund des Focus ST. Wobei hier zu erwähnen ist, dass dankenswerterweise von Ford der Focus ST X zur Verfügung gestellt wurde, welche die absolute Speerspitze der Ausstattungsvarianten widerspiegelt.

Deswegen steht der ST nicht wie ursprünglich vorgesehen auf 18- sondern auf 19-Zoll Leichtmetallräder und mit adaptiven LED-Matrix-Frontscheinwerfern vor des Fotografen Linse. Das verbaute Performance-Paket schlägt sich bei der Betrachtung vor allem bei den groß dimensionierten Lufteinlässen, optimierten Spoilern und einem aerodynamisch optimierten Heckflügel zu Buche. Die Auspuffanlage endet an beiden Seiten der Heckschürze mit imposanten Endrohrdurchmesser und passt perfekt mit dem gut sichtbaren ST-Emblem zu der gelungenen Heckpartie. Leider vermissen wir generell ein wenig das spezielle i-Tüpfelchen und hätten sich den ein oder anderen Design-Wow-Effekt gewünscht.

Interieur: Modern und sportlich zugleich

Der Focus ST X hat auch im Innenraum einiges zu bieten. So stechen zuallererst die makellosen, voll elektrisch einstellbaren und beheizbaren Ford Performance-Sportsitze ins Auge. Ein gutes Gefühl der Sicherheit macht sich sofort bemerkbar, wenn der Teilledersitz mit integrierter Kopfstütze den Insassen gekonnt umhüllt.
Die Armaturenlandschaft ist voll digital ausgeführt und am Leder-Multifunktionslenkrad strahlt einem der ST-Schriftzug und die rote Sport-Taste entgegen. Diese sollte, wie die Erfahrung gezeigt hat, immer gedrückt werden, denn dann ist der optimale Fahrspaß auch noch mit ausreichend Sicherheit verbunden und der Verbrauch steigt dabei nur marginal an.
In der ST X Variante verfügt man zusätzlich über den Race Track Modi, doch dieser ist dann eben nur abseits der öffentlichen Straßen sinnvoll anzuwenden, weil sich die Sicherheitssysteme zur Gänze verabschieden.

Die 12,3-Zoll große Instrumententafel ändert sich bei jeder Modiwahl entsprechend und bietet übersichtlich sämtliche Infos an.
Das zusätzliche Head-Up Display ist gut einsehbar und der 13,2-Zoll große, mit Ford SYNC 4 versehene Touchscreen ist logisch bedienbar und die Befehle werden zügig umgesetzt.
Das Navigationssystem und die Rückfahrkamera haben auch dort ihren Stützpunkt angesiedelt, wobei am Lenkrad viele Bedienungen dupliziert wurden und sich noch ein adaptiver Tempomat dazugesellt.
Punkto Sicherheit wurde das Fahrassistenzpaket 1 verbaut, welches eine Fülle von topmodernen Sicherheitssystemen beeinhaltet.

Für ordentlich was aufs Ohr sorgt das klangvolle B&O Soundsystem. So kann auch mal gediegen Musik gehört werden, falls man auf der Langstrecke unterwegs ist und die Klappensteuerung geschlossen bleibt.

Der Dachhimmel ist in schwarzem Webstoff gehüllt und die Wertigkeit der Materialien und der Verarbeitung ist auf hohem Level angesiedelt. Nichts klappert oder scheppert, obwohl der Focus ST auch in der Facelift Version keinesfalls mit einem softeren Fahrwerk abgestimmt ist.

Antrieb und Fahrwerk: Passend sportlich

Die Überarbeitung des Ford Focus ST nimmt keinen Einfluss auf die Motorisierung des knallroten Kompaktsportlers. Es arbeitet nach wie vor der 2,3-Liter EcoBoost Turbobenziner mit 206 kW/280 PS, zusammengespannt mit den Vorderrädern, unter der tief hinunter gezogenen Motorhaube. Eine wahre Freude dieses Aggregat per Knopfdruck zum Leben zu erwecken und dem tiefen Klang des Verbrenners durch die Sportauspuffanlage, bereits im Stand, zu lauschen. Der 2,3-Liter Motor ist sofort da, wenn man ihn abruft und die knackige Sechsgang-Handschaltung lässt das Durchschalten der Gänge zu einem strahlenden Vergnügen werden. Der Tacho darf nie aus dem Auge gelassen werden, um nicht gleich mit einem Bein im Kriminal zu stehen. Einfach nur erfrischend sich in einem Ford Focus ST X zu vergnügen!  Auf Wunsch gibt es aber auch eine 7-Gang Automatik für den gelifteten Focus ST anzkreuzen. Das Fahrwerk ist veredelt durch ein aufpreispflichtiges, adaptives Performancepaket mit Schlaglocherkennung und somit genau das Richtige, um den Focus ST richtig viel zumuten zu können, jedoch muss man sich keinesfalls um die Beißer sorgen.  

Platzangebot: Abstriche bei Zuladung

Der Focus ist und bleibt ein Kompakter. Mit einer Länge von unter 4,4 Meter liegt das Augenmerk auf Wendigkeit und Fahrvergnügen und nicht auf solchen Schwerpunkten wie Ladevolumen. Wobei hier keineswegs Abstriche gegenüber einem schwächer motorisierten Focus gemacht werden muss. Die Kopf- und Beinfreiheit gibt es nämlich nichts zu meckern, sogar die Passagiere in Reihe zwei werden längere Etappen im Kompakt-Racer genießen.
Der Kofferraum erzielt mit 392 Litern Fassungsvermögen den Klassenschnitt und kann dank der in zwei Teilen umklappbaren Rückbanklehne noch bis auf 1.354 Liter erweitert werden. Ablageflächen sind ausreichend vorhanden, wobei das Handschuhfach eine Spur größer ausfallen hätte können.  

Unser Fa(hr)zit:

Die Quirlige, bereits beim Start – dank der Performance Auspuffanlage – laut aufröhrende Fahrmaschine lechzt förmlich nach Kurven und anspruchsvollen Asphaltabschnitten. Der mit einem elektronisch gesteuerten Sperrdifferenzial bestückte Antriebsstrang und das speziell abgestimmte Sportfahrwerk bieten neben der gut dimensionierten Bremsanlage ein sehr hohes Sicherheitslevel, sind jedoch passend sportlich ausgelegt und somit nicht das Richtige für Leute mit Bandscheiben- oder Herz-Kreislauf Problemen.
Flink und absolut gezielt setzt der Ford jeden Befehl in die Tat um und untermalt jede Ausfahrt mit großer Fahrfreude. Die herrlichen Performance Sportsitze sind ein wahres Gedicht und bieten hohen Seitenhalt, ohne dass sich der Fahrer bei gemütlicher Fahrt eingeengt fühlen muss.

Wer Spaß am Fahren haben will, muss die beiden sportlichen Buchstaben in Betracht ziehen. Die Fahrwerte und der Preis sind genau die richtige Kombination, um unbeschwert und sportlich das Leben auf den Straßen genießen zu können.

Was uns gefällt:

  • Der Auspuffanlagensound
  • Das Fahrvergnügen
  • Die Sportsitze

Was wir noch verbessern würden:

  • Ein Schiebedach wird vermisst
  • Etwas zu dezentes Außendesign

Factbox: Ford Focus ST X 2,3 EcoBoost 6-Gang

Motor/Antrieb

Motor:
4-Zylinder Turbobenzinmotor, vorne quer in Reihe
Hubraum: 2.261 ccm
Leistung kW/PS: 206 kW/280 PS bei 5.500 U/min
Drehmoment: 420 Nm 3.000-4.000 U/min
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: 6-Gang Handschaltung
0-100 km/h: 5,7 Sekunden
V-Max: 250 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe –kombiniert, l/100 km: 8,0-8,3
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 9,1
CO2 Emissionen: 183-189 g/km Euro 6d-Final

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen:
VA + HA: Scheibe innenbelüftet
Felgen/Reifen: VA + HA 235/35 R19

Gewicht und Maße

Leergewicht fahrbereit inkl. Fahrer:
1.512 kg
L/B/H: 4,393 / 1,825 / 1,438 m
Radstand: 2,700 m
Kofferraumvolumen: 392-1.354 Liter
Tankinhalt: 52 Liter
Kraftstoff: Super 95

Preise

Ford Focus zu haben ab:
€ 30.100,-
Ford Focus ST X zu haben ab: € 48.960,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und MWSt: € 54.020,-

Sonderausstattung:

Easy Parking Paket € 400,-
Track Pack € 450,-
Lackierung Dach und Spiegel in Schwarz € 400.-
Anhängevorrichtung Vorbereitungsset € 150.-
Gepäckraummatte € 60.-
Fahrassistenz-Paket 1 € 750.-
ST-Sportfahrwerk mit interaktivem Fahrwerksystem, elektr. Dämpferregelung und Schlagloch-Erkennung € 1000.-
eCall € 150.-
B&O Sound System € 600.-
Fantastic Red Metallic € 1.100.-

(c) Bilder: Sebastian Poppe