Ford Mustang Mach-E AWD Praxistest: Das Leben ist kein Ponyhof

Es ist natürlich ein gewagter Schritt, wenn man sein erstes, reinelektrisches Modell mit der Bezeichnung der V8-Legende betitelt. Das galoppierende Pferdchen ist eben ein Inbegriff für Benzinbrüder, die gerne auf Turbolader verzichten und jubeln, wenn freisaugenden Achtzylinder brabbeln.
Man sollte also auf jegliche Vergleiche verzichten und den Mustang Mach-E als neues Modell betrachten, mit dem Ford der Konkurrenz (wie Tesla, Jaguar oder VW) eine ordentliche Ansage macht. Wobei der Zusatz schon jede Menge Coolness mit sich trägt, denn Mach wurde abgeleitet von der Schallgeschwindigkeit und enormer Rechengeschwindigkeit, womit das neue Modell den Nagel auf den Kopf trifft.
Darüber hinaus will der Hersteller bis 2030 alle Modelle ausschließlich mit Strom befeuern. Das Leben ist kein Ponyhof, obwohl der Mustang Mach-E den Trend der Zeitwende im eleganten Galopp präsentiert.

Interieur: Flatscreen im Hochformat

Bereits vor dem Einstieg merkt man, dass der Mustang Mach-E ein neues Zeitalter der Mobilität mit sich bringt. Man verzichtet also auf herkömmliche Türgriffe und drückt lediglich auf einen Button, der dann die jeweilige Tür aufschwingt, der Einstig kann sogar mittels PIN-Code gesichert werden.
Platz genommen auf weichen gepolsterten, eleganten Kunst-Ledersitzen, wundert man sich über die Proportionen der Displays. Hinter dem Volant blickt man auf einen (für heutige Zeiten) kleinen, waagrecht platzierten Bildschirm, der die wichtigsten Infos immer parat hält.
Großes Kino gibt es bei der Infotainment-Zentrale, denn dieser Touchscreen misst sensationelle 15-Zoll (umgerechnet 39 Zentimeter) im Hochformat und ist bereits nach der ersten Fahrt sehr intuitiv bedienbar. Amüsiert haben wir uns über die einzelnen Fahrmodi, denn neben „Zahm“ und „Aktiv“ steht auch der Modus „Temperamentvoll“ zur Verfügung.

Wobei selbst im sportlichen Galopp die Power des Mustang Mach-E niemals so richtige „Knackwatschn“ verteilt. Dennoch sollte man niemals den Tacho aus den Augen lassen, denn die Power wird flotter als gedacht an die vier Räder weitergeleitet.
Grundsätzlich herrscht im Innenraum eine fast schon unheimliche Stille, außer man lässt sich im sportlicheren Fahrmodi mittels Sound-Generator beschallen. Dies macht aber das B&O-Soundsystem im Falle der Lieblingshits deutlich besser, denn hier stehen 560-Watt zur Verfügung, die den Mustang Mach-E zu einer fahrenden Disco verwandeln.

In puncto Kopf- und Beinfreiheit darf man sich in keiner der beiden Sitzreihen beklagen, denn der Radstand von nahezu drei Meter hinterlässt schon jede Menge reisetauglichen Komfort. Dies gilt auch für das luftige Kofferraumvolumen, welches mit 322-1.420 Liter angegeben wird. Zusätzlich kann man kleinere Einkäufe auch im Frunk verstauen, dieser bietet nochmals zusätzliche 100 Liter.
Widmet man sich der Haptik, so merkt man, dass der Armaturenträger mit unterschiedlichen Materialien geziert wurde. Grundsätzlich setzt man auf Softtouch, wobei der amerikanische Stil nicht wegzudenken ist.

Fahrverhalten und Laden: Komfortable Sportlichkeit!

Wie bereits erwähnt wird auch beim Launch Control Start keinesfalls der Drehschwindel einsetzen, wie es bei manch anderen reinelektrischen Modellen der Fall ist. Soll aber keinesfalls heißen, dass der Mustang Mach-E (in der Allradversion) eine lahme Krücke ist. Ganz im Gegenteil die 351 PS und 580 Nm schieben ordentlich an, sodass Tempo einhundert in nur 5,8 Sekunden erreicht wird. Dass maximal 180 Sachen am Tacho stehen wird maximal auf der deutschen Piste sauer aufstoßen, aber selbst dort wird man den hohen Energieverbrauch nicht dauerhaft in Kauf nehmen.
Und genau hier würde es noch deutlichen Verbesserungsbedarf geben. Dass bei niedriger Temperatur die WLTP-Werte der reinelektrischen Fahrzeuge quer durch die Bank als unrealistisch gelten, ist natürlich nichts Neues.
Dass jedoch die maximale Ladeleistung von 150 kW ab ca. 80 Prozent Akku-Kapazität dermaßen einknickt und meist zwischen acht und zehn kW hausiert, ist unserer Meinung nach ein deutlicher Kritikpunkt.
Klar, würde man für Distanzen im Umkreis auch mit 80 Prozent auskommen, aber bei längeren Etappen beträgt diese Differenz eben jede Menge Reichweite, auf die man meist nicht verzichten kann bzw. mag.
Dank der tiefen Platzierung des Akkus profitiert man von einer außergewöhnlichen Verbindung mit dem Asphalt, sodass selbst bei hohem Tempo das Kurvenjägern trotz des hohen Leergewichts jede Menge Fahrspaß mit sich bringt. Dass der Mustang Mach-E über kein adaptives Fahrwerk verfügt, lässt besonders auf längeren Etappen ein wenig den Komfort-Faktor schmälern.

Unser Testfazit:

Mit dem ersten, reinelektrischen Modell haben die Ingenieure große Arbeit geleistet. Der riesige Infotainment-Bildschirm und die dreiteiligen Mustang Heckleuchten sorgen für eine Monopol-Stellung, die im Konkurrenzkampf klarerweise für den Mach-E sprechen.
Die stark abfallende Ladeleistung bei DC Chargern und der Verzicht auf adaptive Dämpfer sorgen für Verbesserungsbedarf.

Was uns gefällt:

Der elegante Mix zwischen Komfort und Sportlichkeit
Das erstklassige Raumwunder
Das intuitiv bedienbare Infotainment-System trotz ausschließlich Touch

Was wir noch verbessern würden:

Die Ladeleistung ab 80 Prozent Akku-Kapazität
Die Materialwahl (sehr amerikanisch)
Den doch recht hohen Energieverbrauch

Factbox – Ford Mustang Mach-E AWD 99 kWh

Motor/Antrieb

Motor: 2 Elektromotoren, Batteriekapazität 98,7 kWh (netto 88 kWh)
Leistung kW/PS: 258 kW/ 351 PS
Drehmoment:  580 Nm
Antrieb: Allradantrieb
Getriebeart: Automatik
0-100 km/h:  5,8 Sekunden
V-Max:  180 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert:  18,7 (WLTP) kWh/100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt:  23,0 kWh/100 km
Reichweite nach WLTP:  540 km
Reichweite im Test: 350-380 km

Ladedauer

Wallbox, 11 kW (Ladezeit bis 80 %):  ca.7,2 Stunden
Gleichstrom-Schnellader, 150 kW (Ladezeit 10 bis 80%):  45 Minuten

Bremsen/Reifen/Felgen

Bremsen: VA: Scheibenbremsen innenbelüftet HA: Scheibenbremsen
Felgen/Reifen:  225/55 R19

Gewicht und Maße

Leergewicht:  2.218 kg
L/B/H: 4,713 m /1,881 m / 1,624 m
Radstand:  2,984 m
Kofferraumvolumen: vorne: 81-100 Liter, hinten 322-1.420 Liter

Preise

Ford Mustang Mach-E zu haben ab: € 48.900
Ford Mustang Mach-E AWD 99 kWh zu haben ab: € 64.200
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und MWSt: € 68.500

Sonderausstattung:

Technologie-Paket € 3.000

Infinite Blue € 1.300