Praxistest: Ford Fiesta ST – Der Kampf mit dem Dampf!

Mit der dritten Generation des Ford Fiesta ST haben die Entwickler große Arbeit in dieser Klasse geleistet. Die Ingenieure konnten viele Dinge in die Entwicklung miteinfließen lassen, welche sie beim Ford Focus RS und Ford GT gelernt haben. Dennoch steht man dem kompakten Kraftzwerg vor den ersten gefahrenen Metern ein wenig kritisch gegenüber. Den größten Zweifel erntet das neue Herzstück, denn mit dem Generationenwechsel hat auch den Polo GTI-Konkurrenten der Downsizing-Trend getroffen.

Probleme der Primzahl-Aggregate

Wir haben bereits ein Zeitchen davor den Fiesta ST-Line unter die Lupe genommen, zwar leistet dieser 60 PS weniger und verfügt auch über geschmälerten Hubraum, dennoch handelt es um den wohl besten Dreizylinder, welchen wir bis dato testen durften.
Unterm Strich sollten die kleinen Aggregate nicht nur für reduzierte Abgaswerte, sondern auch für reduzierte oder zumindest gleichbleibende Verbrauchswerte eines Vierzylinders, sorgen – und genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
Meist leiden die Primzahl-Aggregate auch unter einer enormen Anfahrtsschwäche und benötigen generell eine höhere Drehzahl, um deren Leistung abrufen zu können – wodurch sich dann auch der höhere Kraftstoffverbrauch unter Beweis stellen lässt.

Dreizylinder mit Zylinderabschaltung und jeder Menge Dampf!

Ford hat hier deutlich cleverer agiert, denn der 1,5-Liter Dreizylinder-Turbobenziner mit 200 Pferdchen verfügt im Teillastbetrieb über eine Zylinderabschaltung, wodurch das Aggregat bei den Verbrauchswerten einen deutlich kompetenteren Eindruck hinterlässt. Diese Funktion wird in nur 14 Millisekunden umgesetzt, sodass man während der Fahrt diese Technologie ausschließlich über die Verbrauchsanzeige wahrnimmt – 7,5-Liter pro 100 Kilometer Super gurgeln im kombinierten Alltagsverkehr durch die Spritleitung, ein hervorragender Wert für den kleinen Kraftprotz aus Köln!.
Aber auch unter Volllast im Hinterland steht der neue Fiesta ST ausreichend im Futter, das Drehmoment von 290 Nm liegt bereits ab 1.600 U/min an und knickt erst bei 4.000 U/min ein wenig ein. Die Maximalleistung des Dreizylinder-Turbobenziners liegt erst bei 6.000 U/min an, wodurch man gerne mal die Tachonadel in diese Richtung bewegt, aber nicht mal bei Betätigung des Stahlfußes leidet man unter groben Traktionsverlust – sozusagen der Kampf mit dem Dampf. Dies beweist auch die Messung für den 100er Sprint, denn bereits nach 6,5 Sekunden beschleunigt man auf die dreistellige Geschwindigkeitsmarke, erst bei 232 km/h ist der neue Fiesta ST elektronisch abgeregelt, sodass man auf deutschen Autobahnen die linke Spur wieder räumen muss.

Ausgeklügelte Hinterachse und erstklassige Klangkulisse!

Aber nicht nur an der Vorderachse spielt es ordentlich Rambazamba. Die Verbundlenker-Hinterachse wurde mit ausgeklügelter Technik gepimpt, sprich das Fahrwerk ist in der Lage größere Querkräfte aufzunehmen und somit kann das Einlenkverhalten und auch der Richtungswechsel deutlich präzisiert werden.
Dazu gesellt sich eine herrlich Klangnote, welche man einem Dreizylinder kaum zutrauen würde. Zwar hat man bei Ford Performance ein wenig über die Lautsprecher nachgeschärft, dennoch ist die Abgasanlage mit Klappensteuerung für den größten Teil zuständig – sodass man in keiner Lage nerviges Dröhnen wahrnimmt.

Launch Control und erstklassiges Schaltgetriebe!

Erstklassig finden wir auch, dass im schärften der drei Modi (Normal, Sport und Rennstrecke) neben der Launch Control auch eine minimale Schubabschaltung aktiv wird, welche selbst das Popkorn-ähnliche Schubknallen der Mini Sportmodelle übertrifft. Für längere Strecken ist man bestens mit dem 675 Watt starken B&O-System gerüstet.
Das Sechsgang-Schaltgetriebe mit verdammt kurzen und knackigen Schaltwegen verleiht dem kleinen Bruder des Focus ST einen zusätzlichen Hauch an sportlicher Abstimmung und natürlich an gesteigerter Fahrfreude.

Das Performance-Paket verwandelt den neuen ST zur Kleinwagenrakete!

Das Ultimatum in dieser Kategorie liefert aber ganz klar das Performance-Paket, welches neben dem mechanischen Sperrdifferenzial an der Vorderachse, eine Launch-Control und eine Performance-Schaltanzeige inkludiert. Wir würden auch jedem dazu raten, diese knapp 1.200 Euro zu investieren, denn besonders mit der Sperre an der Vorderachse krallt sich der ST in den Asphalt, sodass man bereits vorgestern eine Probefahrt beim Händler des Vertrauens vereinbaren hätte sollen. Dazu tragen auch die serienmäßigen Recaro-Sportsitze bei, diese sind zwar eng geschnitten, der BMI lässt grüßen – bieten aber erstklassigen Seitenhalt, sodass man auch bei doppelter Leistung keinesfalls einen Millimeter verrutschen würde.

Mäßige Haptik für den Wolf im Schafspelz!

Anders sieht es beim Interieur der Kleinwagenrakete aus, denn hier hat man sich auf die wesentlichen Inhalte reduziert. Das Infotainment-System verfügt über eine erstklassige Auflösung, dennoch hätte man die Hartplastik-Oberflächen mit ein wenig Softtouch schmücken können. Schade finden wir auch, dass die induktive Ladeschale ein wenig zu klein geformt wurde, um nicht mal die neueste Smartphone-Generation kabellos zu laden.
Das Außenkleid des Kölners könnte problemlos als Wolf im Schafspelz betitelt werden, außer den ST-Logos, einem dezenten Heckspoiler, den 18-Zoll Leichtmetallfelgen und der Front mit größeren Lufteinlässen hält sich das sportliche Erscheinungsbild des neuen Fiesta ST in Grenzen. Klar, die echten Ford Performance Fans erkennen die derzeit stärkste und neueste Fiesta ST Version auf Anhieb. Dieser Eindruck ändert sich aber schnell, sobald man im Alltag unterwegs ist und die Ford Fans wie verschollen wirken. Manche mögen darüber meckern, aber gerade diese Situation in Kombination mit dem erstklassigen Fahrverhalten verleiht dem neuen Ford Fiesta mit dem Sportkürzel den Titel „Bester Kleinwagen mit ordentlich Dampf und dem besten Dreizylinder-Aggregat“.

Fazit:

Trotz Downsizing gelingt es, dass der neue Ford Fiesta ST den Titel des Jahres in diesem Segment holt. Dank erstklassigem Fahrverhalten in Kombination mit reichlich Understatement haben es die Kölner geschafft den Kleinwagen ganz groß zu präsentieren. Auch das Preis-/Leistungsverhältnis schmälert die Wahl eines Konkurrenzprodukts. Und am Ende des Tages wird man trotz jeder Menge Fahrspaß mit einem durchaus akzeptablen Durchschnittsverbrauch belohnt.

Was uns gefällt:

Der wohl beste, kräftigste und effizienteste Dreizylinder
Das erstklassige Fahrverhalten
Die durchaus sportliche Klangnote

Was wir noch verbessern würden:

Die Materialwahl des Interieurs
Unseren BMI
Den Testzeitraum – Halbjahrestest?

Technische Daten – Ford Fiesta ST 1,5 EcoBoost 200 PS M6 ST Plus 5tg.

Motor / Antrieb

Motor: Reihen-Dreizylinder  Benziner mit Turboaufladung
Hubraum: 1.497 ccm3
Leistung  kW /PS (Gesamt): 147 kW / 200 PS bei 6.000 U/min
Drehmoment: 290 Nm bei 1.600 bis 4.000 U/min
Antrieb: Front
Getriebeart: 6-Gang Schaltgetriebe
0-100 km/h: 6,5 Sekunden
V-Max: 232 km/h

Verbrauch / Umwelt

Werksangabe innerorts/außerorts/kombiniert: 7,6/5,1/6,0 l/100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 7,5
CO2 Emissionen: 136 g/km Euro 6d-TEMP

Fahrwerk / Reifen / Bremsen

Vo. Achse: Einzelradaufhängung, McPherson Federbeine
Hi. Achse: Verbundlenkerachse, Schraubfedern
Bremsen:
VA:
Belüftete Bremsscheiben: 278 mm x 23 mm
HA: Bremsscheiben: 253 mm x 12 mm
Felgen / Reifen:
VA+HA: 205/40 ZR18

Gewicht und Maße

Leergewicht: 1.208 kg
L/B/H: 4,068 / 1,735 / 1,469 (Meter)
Radstand: 2,493 m
Kofferraumvolumen: 292-1.093 Liter
Tankinhalt:
45 Liter
Kraftstoff:
Super

Preise

Ford Fiesta zu haben ab: 14.100,- €
Ford Fiesta ST Plus 5tg. zu haben ab:
27.900,- €
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA (5%) und MwSt: 31.364,88,- €

Sonderausstattung:

Winter Paket 2 € 213,23
Performance Pakte € 1.172,73
Türkantenschutz € 106,61
LED-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht € 852,89
Metallic Lackierung € 479,75
Rückfahrkamera inkl. Park-Pilot System hinten € 639,67

(c) Bilder und Video: Gas Junky, sp