Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich ein Trend abgesetzt: KFZ-Lenker möchten, ganz egal ob man in einem Kompaktwagen oder in einem Straßenkreuzer sitzt, die erhöhte Sitzposition genießen und einen erhabenen Blick über die Fahrbahn haben. Gleichzeitig werden Fahrzeuge größer und der Parkraum kleiner. Ein gutes Beispiel dafür wäre ein Fahrzeug wie der Fiat 500X oder wie in unserem Fall der Jeep Avenger, welcher zum Car of the Year 2023 gewählt wurde.
Exterieur: Frisch und frech
Vom harten Offroad-Charakter sind die meisten Jeep-Modelle ohnehin schon lange abgewichen. Mittlerweile prägen stadttaugliche Looks und typische City-SUV-Bodenfreiheit die Produktpalette. Im Fall des elektrischen Jeep Avengers muss natürlich auch die Kühlung des Antriebs nicht so großdimensioniert ausfallen, wodurch die Frontmaske deutlich schmäler als gewohnt ausfällt und die sieben Waben des ikonischen Kühlergrills nur mehr als Optikelemente dienen. Die Voll-LED-Scheinwerfer sind tief in der Frontpartie eingelassen und verschwinden beinahe darin.
Über Motorhaube und Seitentüren wurden gerade Kanten entlang des Fahrzeugs ins Blechkleid eingearbeitet, was den kompakten Avenger rein optisch etwas verlängert. Für Sportlichkeit und Präsenz sorgen die fast trapezförmigen Radkästen, in denen die 18-Zoll-Alufelgen (ab Ausstattungsvariante Summit) beheimatet sind.
Am Heck wurde ordentlich mit geraden Linien und Rundungen gearbeitet, wodurch der Vollzeit-Stromer breiter und bulliger wirkt. Die Heckleuchten mit LED-Technik und X-förmiger Lichtsignatur sorgen für den modernen und frischen Look des Hecks.
Interieur: Jeep oder cheap?
Es ist keine Seltenheit, dass in Fahrzeugen im niedrigeren Preissegment mit reichlich Kunststoff gearbeitet wird, um das Budget nicht zu sprengen, doch im Jeep Avenger findet man kaum etwas anderes. Hartplastik trifft auf Hartplastik und nur die Sitze und Armablage sind aus weicheren Materialen gefertigt. Das wertet den Innenraum natürlich nicht nur optisch ab, denn auch das haptische Erlebnis bleibt hierbei auf der Strecke. Natürlich ist auch der Hingucker des Innenraums, das gelbe Element des Armaturenbretts, aus besagtem Material, was allerdings nicht so stört wie viele andere Teile.
Zusätzlich kommt hinzu, dass die Verarbeitungsqualität sehr minderwertig ist. So wackeln bei unserem Testfahrzeug in der Ausstattungslinie Summit einige Elemente des Interieurs bei leichtester Berührung. Während der Fahrt fällt schnell auf, dass durch die Beifahrertür Fahrgeräusche in den Innenraum eindringen, dass die Passagiere der ersten Reihe stets überprüfen, ob die Tür auch wirklich geschlossen ist. Und falls man hier noch nicht ausreichend genervt ist, gesellt sich ein langsamer Infotainment-Touchscreen mit 10,25-Zoll und das wohl nervenaufreibendste Blinkergeräusch der Moderne hinzu. Dieses kann leider nicht deaktiviert oder geändert werden.
Das Platzangebot in der ersten Sitzreihe ist vollkommen in Ordnung, doch auf der Rücksitzbank kann es schon knapp bei den Beinen werden, wenn eine etwas größere Person davorsitzt.
Das Kofferraumvolumen von 355 Litern ermöglicht jedenfalls problemloses Einkaufen oder Transportieren von kleineren Gegenständen.
Fahrverhalten: Traktionsprobleme und sehr softes Fahrwerk
Die Zeiten in denen man Jeep mit reichlich Vergnügen im losen Terrain verbindet sind leider vorbei. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass man beim neuen Avenger die Vorderachse zur Kraftübertragung der 156 Elektro-PS nutzt. Aufgrund der Fahrzeughöhe und des recht soft abgestimmten Fahrwerks mangelt es dem reinelektrischen Crossover Modell an Traktion.
Natürlich hat der Avenger aber auch einen großen Vorteil: Den Verbrauch. Gerade in der Stadt kann man reichlich Kilometer zurücklegen, bevor es zur nächsten Ladesäule geht. Auf Autobahnen sieht dies jedoch leider wieder ganz anders aus. Insgesamt konnten wir mit dem 54 kWh großen Lithium-Ionen-Akku 370 km zurücklegen, was für diesen mäßig großen Energiespeicher beachtlich ist.
Fazit:
Der Jeep Avenger überzeugt im urbanen Bereich mit effizienten Verbrauchswerten und sorgt mit seinen kompakten Abmessungen für zahlreiche Vorteile. Schade finden wir, dass es nur eine Leistungsstufe gibt, keine Allradversion zur Verfügung steht, man bei der Verarbeitungsqualität im Innenraum auf harte Materialien setzt und das Fahrwerk sehr soft abgestimmt hat.
Würde in wenigen Jahren ein Facelift erscheinen, bei dem Fahrwerk und Interieur aufgewertet sind und Heck- und/oder Allradantriebsoptionen hinzukommen, wäre die Situation eine vollkommen andere, doch aktuell konnte uns der Avenger leider nicht überzeugen.
Was uns gefällt:
- Die moderne Optik (besonders das Heck)
- Das gelbe Panel am Armaturenbrett
- Der niedrige Verbrauch
Was wir noch verbessern würden:
- Überarbeitung des Fahrwerks
- Hinzufügen von Heck- und Allradantrieb
- Erhöhung der Verarbeitungsqualität im Innenraum
Factbox: Jeep Avenger Summit
Motor/Antrieb
Motor: PMS-Motor
Leistung kW/PS: 115 kW/ 156 PS
Drehmoment: 260 Nm
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: 1-Gang-Automatikgetriebe
0-100 km/h: 9 Sekunden
V-Max: 150 km/h
Verbrauch/Umwelt
Werksangabe – kombiniert: 15,6-15,7 kWh / 100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt: 17,6 kWh / 100 km
Reichweite nach WLTP: 394-395 km
Ladedauer (Herstellerangaben)
Wallbox, 11 kW (0-100%): 5h 34min
Gleichstrom-Schnelllader, 100kw (0-80%): 34 min
Reifen/Felgen/Bremsen
Bremsen: VA: Scheibenbremsen innenbelüftet HA: Scheibenbremsen
Felgen/Reifen: 215/55 R18
Gewicht und Maße
Leergewicht:
L/B/H: 4,084/1,776/1,528 m
Radstand: 2,562 m
Kofferraumvolumen: 355 Liter
Elektrische Speicherkapazität in Kilowattstunden: 54 kWh brutto (51 kWh netto)
Preise
Jeep Avenger zu haben ab: € 37.500,-
Jeep Avenger Summit zu haben ab: €43.500,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVa und MWSt.: €44.150,-
Sonderausstattung:
Fahrzeugdach in Volcano € 425,-
10,25“ Uconnect Display mit Multitouch-Funktion inkl. Navigationssystem und Verkehrszeicheninformation € 225,-
(c) Bilder: Sebastian Poppe