Kia Stinger GT im Test: Die letzte Ausfahrt!

2017 feierte der viertürige Gran Turismo seinen Marktstart. Der Konkurrenzkampf a la Audi A5 Sportback oder BMW 4er Gran Coupé war natürlich kein simpler. Dennoch ein mutiger Schritt in die richtige Richtung, denn mit dem V6 Biturbo mit 370 PS unter der Haube und Allradantrieb musste man sich vor der deutschen Konkurrenz keinesfalls verstecken. Die Antriebspalette wurde damals noch mit Vierzylinder-Aggregaten (Benziner und Diesel) erweitert. Dennoch entschieden sich die meisten Käufer für das hubraumstarke Aggregat, womit die kleineren Motoren nach dem Facelift im Jahr 2020 nicht mehr angeboten wurden.
Dem V6 mit doppelter Turboaufladung wurden folglich nicht nur vier Pferdestärken gestohlen, sondern auch die Soundkulisse geschmälert, klarerweise aufgrund der neuen Abgasnorm. Nun fahren wir das aktuelle Modell mit den neuen Kia Logos und der aktuellen Infotainment-Zentrale.

Interieur: Erstklassige Haptik, großzügige Raumverhältnisse und umfangreiche Serienausstattung

Das Interieur des Kia Stinger wirkt traditionell, intuitiv zu bedienen und überrascht mit erstklassiger Haptik, die selbst die Konkurrenz blass erscheinen lässt.
Man blickt hier eben noch auf analoge Anzeigen und dies wollen wir auch gar nicht schlecht reden, ganz im Gegenteil. Wir finden es großartig. Dieser kräftige Lackel von Motor lässt seine seidige Akustik auch im Innenraum wahrnehmen, aber ohne zu protzen. Umso schöner, wenn man dies mittels analogem Drehzahlmesser verfolgen kann.
Außerdem verfügt man beispielsweise für die Steuerung der Klima-Einheit über eine eigene Bedieneinheit mit Knöpfen und Drehregler. Auch die restliche Mittelkonsole ist mit Knöpfen (beispielsweise Start-Stopp-Automatik, Sitzheizung bzw. Sitzkühlung, etc.) ausgestattet. Via Drehregler wählt man die einzelnen Fahrmodi, sodass man kaum in irgendwelchen nervigen Untermenüs suchen muss, sondern alle Funktionen äußerst simpel zur Verfügung hat.
In puncto Raumverhältnisse bietet der Koreaner eine ziemlich luftige Atmosphäre, klar wird es in der zweiten Sitzreihe nach oben hin etwas schmäler, aber dies gilt natürlich nur für großgewachsene Passagiere.
Das Ladeabteil überrascht mit der weit aufschwingenden Kofferraumklappe – dahinter finden mindestens 406 Liter Stauraum in der Basis Platz, bei umgelegter Rücksitzbank sind es sogar 1.114 Liter.
Darüber hinaus verfügt man beim Kia Stinger über eine umfangreiche Serienausstattung, welche bei der deutschen Konkurrenz für Kleinwagenpreise sorgen würde. Kühl- und beheizbare Ledersitze, Glasdach, Head-up-Display, Harman Kardon Soundsystem, Navi inkl. 7 Jahre Kartenmaterial, Totwinkel-Kamera und vieles mehr. Obendrauf gibt es wie bei allen Kia-Modellen auch sieben Jahre Garantie.

Motor und Fahrverhalten: Ein sportlicher Allrounder

Ja, der Kia Stinger überrascht mit seinen 269 kW / 366 PS und 510 Nm die bereits im Drehzahl-Keller anliegen und via 8-Gang Automatik alle vier Räder kraftvoll versorgen. Mittels Fahrmodi-Schalter werden beispielweise auch die Sitzwangen geschmälert und der Gran Turismo reagiert noch bissiger und hecklastiger. Auf ein adaptives Dämpfer-Setup muss man im Stinger verzichten, aber das vermissen wir auch nicht, da das Fahrwerk ohnehin erstklassig für den knapp 2-Tonner abgestimmt wurde.
In nur 5,4 Sekunden geht es trotz des höheren Leergewichts aus dem Stand auf Tempo einhundert – der seidige Sechszylinder-Klang untermalt dies mit einem Sounderlebnis der Sonderklasse. Und auch bei der Entschleunigung sorgt die Brembo-Anlage für ordentlichen Biss, sodass Fading für den Stinger ein Fremdwort bleibt.
Die V-Max wurde mit 270 Sachen laut Hersteller angegeben, auch für dieses Feature verlangt Kia keinen Aufpreis. Aber es müssen nicht unbedingt zweihundert Sachen sein, denn der Stinger fährt sich auch bei deutlich niedrigerem Tempo erstklassig. Speziell auf Autobahn-Etappen kann er seine Gran Turismo Fähigkeiten erstklassig unter Beweis stellen.
Mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 10,1 Liter pro 100 Kilometer konnten wir die Werksangabe mit knapp einem Liter unterbieten.

Deutlich ärgerlicher finden wir, dass der Stinger – wie auch viele andere sportliche Modelle – von der hierzulande hohen Besteuerung „gekillt“ wurden. Immerhin entfallen knapp ein Drittel des Kaufpreises auf die Normverbrauchsabgabe, die es global nur in Österreich zu entrichten gibt. Somit kann man es Kia gar nicht böse nehmen, wenn wir vom wohl emotionalsten Kia Modell Abschied nehmen müssen.
Die letzten Lagerfahrzeuge als auch der Gebrauchtwagen-Markt bieten noch eine überschaubare Wahl, um sich dieses geniale Modell zu sichern. Wir werden jedenfalls noch lange um dieses tolle Modell trauern.

Factbox: Kia Stinger GT

Motor/Antrieb

Motor: V6 Ottomotor / Direkteinspritzung / zwei Abgasturbolader
Hubraum: 3.342 ccm
Leistung kW/PS: 269 kW /366 PS bei 6.000 U/min
Drehmoment:  510 Nm zwischen 1.300 U/min und 4.500 U/min
Antrieb: Allrad
Getriebeart: 8-Gang-Automatik
0-100 km/h: 5,4 Sekunden
V-Max:  270 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert l/100 km: 10,9
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 10,1
CO2 Emissionen/Abgasnorm: 247 g/km

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen: VA: Scheibenbremsen (innenbelüftet) HA: Scheibenbremsen (innenbelüftet)
Felgen/Reifen: VA: 225/40 R19, HA: 255/35 R19

Gewicht und Maße

Leergewicht:  1.858-1.905 kg
L/B/H : 4,830 m /1,870 m / 1,400-1,420 m
Radstand:  2,905 m
Kofferraumvolumen: von 406 bis 1.114 Liter
Tankinhalt:  60 Liter
Kraftstoff: Super 95-98

Preise

Kia Stinger: € 79.990,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA (29 %) und MWSt: € 79.990

(c) Bilder: Sebastian Poppe