Bereits beim Volvo XC40 Pure Electric Single Motor haben wir in der Redaktion gerätselt, ob es tatsächlich die Topversion mit 408 PS benötigt. Die nun getestete Schrägheck-Version ohne dem X am Beginn der Modellbezeichnung weckt nun dieselbe Frage, denn Allrad und Sportwagenleistungen rauben doch nur wertvolle Reichweite, oder? Außerdem muss man für vier angetriebene Räder deutlich tiefer ins Börserl greifen.
Fahrverhalten und Reichweite: Klarer Verbrauchsvorteil, teilweise Traktionsprobleme
Dieser Gedanke kommt jedenfalls vor der 14-tägigen Testfahrt auf. Auch die Single Motor Version steht keinesfalls schlecht im Futter, denn mit 170 kW / 231 PS und einem jederzeit satt anliegenden Drehmoment von 330 Nm ist man hierzulande durchaus ausreichend motorisiert. Aber hierbei geht es gar nicht rein um die Motorisierung bzw. die rasanten Sprints auf Tempo einhundert, sondern eher mehr um das Fahrverhalten, wenn man den C40 etwas dynamischer durch die Kurven zirkelt. Und hier muss man die dann doch recht zerrende Lenkung als auch die übersteuernde Vorderachse auf die rote Liste notieren, sofern man mal mit der Allrad-Version unterwegs gewesen ist. Denn der C40 wirkt ohnehin schon sportlicher und dynamischer aufgrund seines gelungenen Designs, Stichwort elegantes Heck. In puncto Reichweite waren wir im kombinierten Verfahren knapp unter 20 kWh / 100 Kilometer unterwegs und hier lässt sich auch der deutliche Verbrauchsvorteil zur Allrad-Version mit nahezu doppelter Leistung in Betracht ziehen. In der Basisversion trennen die beiden Modelle nicht nur die Leistung und die angetriebenen Räder, sondern auch knapp 6.000 Euro.
Wer also den Gasfuß nicht allzu hastig anlegt (das werden die meisten aufgrund der Reichweite auch nicht allzu oft tun) ist man auch mit der Single Motor Version gut motorisiert und wird auch von den Traktionsproblemen kaum etwas mitbekommen. Schade finden wir, dass man auch beim C40 nicht einzelne Rekuperationsstufen einstellen kann, denn man verfügt ausschließlich über die Wahl der Qual, sprich One Pedal Feeling ja oder nein – bei der Dosierung benötigt es eine gewisse Eingewöhnungsphase, um nicht wie ein Fahranfänger zu wirken. Weniger vermissen wir einzelne Fahrmodi, denn der C40 wirkt in jeder Lebenslage ohnehin gut abgestimmt in jeglicher Hinsicht.
Interieur: Digitale Landschaft, reichlich Platz und flashiges Cockpit
Sofort nach dem Öffnen der Fahrertüre sticht einem das in Fjord Blau tapezierte Cockpit in die Augen, denn die farbliche Gestaltung reicht vom Fußraum bis in die Türtafeln und lässt einen Mix aus Retro und Trend aufkommen. In Volvo typischer Manier verfügt man über eine hochwertige Verarbeitung, die selbst von den Fondpassagieren gelobt wird. Gleiches gilt auch für die Kopf- und Beinfreiheit, die trotz abfallender Dachlinie als äußerst geräumig zu bewerten ist. Selbiges Bild ergibt sich auch für das Kofferraumvolumen, welches nur minimal kleiner als im XC40 Pure Electric ausfällt.
Weniger zufrieden fällt die Sicht nach hinten aus, denn bei flott annähernden Einsatzfahrzeugen sollte man lieber in die Außenspiegel blicken, um rechtzeitig Platz zu machen. Bei engen Parklücken hilft man sich dann sowieso mit der gestochen scharfen Rückfahrkamera.
Über die Steuerung des neuen Infotainment-Systems mit integrierter Google Technik kann man natürlich streiten. Denn nach einer gewissen Eingewöhnungsphase läuft die Bedienung wie am Schnürchen, dennoch lenken zahlreiche Funktionen während der Fahrt enorm ab. Die Sprachsteuerung steht als Alternative zur Verfügung, wobei man hier auch einige Anlaufversuche benötigt, um die gewünschte Funktion umsetzen zu lassen.
Und wenn wir schon beim digitalen Cockpit sind: Ich finde es noch immer unverständlich weshalb man in der Einheit hinter dem Volant ausschließlich den Prozentsatz des aktuellen Ladezustands sieht. Die Reichweite in Kilometer wird nur in der im Hochformat angeordneten Infotainment-Einheit angezeigt.
Deutlich besser gefällt uns, dass man via Google Maps die Routenplanung inklusive Ladestand präsentiert bekommt.
Unser Fazit:
Der neue Volvo C40 ist unserer Meinung als Single Motor Version speziell auf der Langstrecke die bessere Version, dank der höheren Reichweite. In puncto Fahrdynamik ist uns speziell die Vorderachse ein wenig zu unruhig und auch die Traktionsprobleme spielen speziell auf nasser Fahrbahn eine Rolle. Sehr überrascht waren wir von den luftigen Raumverhältnissen speziell in zweiter Reihe als auch im Laderaum. Die Bedienung wird ausschließlich über Touchflächen gesteuert, wodurch man gewisse Einstellungen vor Fahrtantritt vornehmen sollte. Das farbige Cockpit, zahlreiche bereits erwähnte Punkte als auch das Preis-/Leistungsverhältnis sprechen ganz klar für den neuen C40.
Was uns gefällt:
Die überraschenderweise luftigen Raumverhältnisse
Das farbig gestaltete Cockpit
Die hochwertige Materialwahl
Was wir noch verbessern würden:
Das Fahrverhalten bei sportlicher Gangwahl
Die dann doch abweichende Reichweite
Die Sicht nach hinten (während der Fahrt)
Factbox: Volvo C40 Recharge Pure Electric (Single Motor)
Motor/Antrieb
Motor: Elektromotor, Batteriekapazität 70 kWh (netto 67 kWh)
Leistung kW/PS: 170 kW/ 231 PS
Drehmoment: 330 Nm
Antrieb: Front
0-100 km/h: 7,4 Sekunden
V-Max: 160 km/h
Verbrauch/Umwelt
Werksangabe – kombiniert: 18,0-19,3 kWh/100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt: 19,5 kWh/100 km
Reichweite nach WLTP: 408-438km
Reichweite im Test: ca.320-340 km
Ladedauer
Wallbox (AC), 3-phasig: k.A.
Öffentliche Ladestation: ca. 35 Min. (10-80%) bei ca. 150 kW
Bremsen/Felgen/Reifen
Bremsen: VA: Scheibenbremsen HA: Scheibenbremsen
Felgen/Reifen: VA+HA: 255/40 R20
Gewicht und Maße
Leergewicht: 2.037 kg
L/B/H: 4,440 m / 1,873 m / 1,591 m
Radstand: 2,702 m
Kofferraumvolumen: 413-1.205 Liter, 31 Liter Frunk
Preise
Volvo C40 Recharge Pure Electric Single Motor zu haben ab: € 51.230,-
Volvo C40 Recharge Pure Electric Single Motor Ultimate zu haben ab: € 53.550
Preis des Testfahrzeugs: € 55.760,-
Sonderausstattung:
Außenfarbe: Fjord Blue Metallic € 600
Felgen 20-Zoll € 550
Polsterung: Connect Textil / Microtech Anthrazit Innen: Fjord Blue € 1.500
Anhängerkupplung elektrisch € 800
Seiten- und Heckfenster abgedunkelt ab der B-Säule € 325
(c) Bilder: Sebastian Poppe