Während wir bei den Citroen Testdrive-Tagen im Februar 2021 die Möglichkeit hatten, sowohl Benziner, Diesel als auch Elektro Probe zu fahren, stand für den aktuellen Test ausschließlich die reinelektrische Variante des Citroen C4 zur Verfügung.
Wir starteten gleich mal mit dem für uns bei Elektrofahrzeugen interessantesten Thema der Reichweite. Citroen gibt an, mit dem e-C4 bis zu 350 Kilometer (nach WLTP) zu schaffen. Mit solchen Infos im Hinterkopf und angenehmen frühsommerlichen Temperaturen wagten wir uns – besetzt mit vier Erwachsenen – ins idyllische Waldviertel. Es mussten nicht nur
323m an Seehöhe überwunden, sondern auch eine Strecke von insgesamt 130 km zurückgelegt werden. Das sollte angesichts der prognostizierten Reichweite von 350 km (nach WLTP) ja kein Problem darstellen. Doch wie sah es tatsächlich aus?
Reichweite in Theorie und Praxis
Wir gingen enthusiastisch an den Start und legten mit 130 km/h und leicht eingestellter Klimaanlage auf der Autobahn los. Nach wenigen Kilometern erkannten wir, dass das keine gute Kombination darstellte und reduzierten unser Tempo auf ca. 110 km/h. Würden wir halt etwas später ankommen, aber dafür unser Ziel erreichen. An der Klima hielten wir aber fest. Als die Strecke dann in Landstraßen überging und die angenehm präzise Lenkung spürbar wurde, waren die (durch die Insassen mitgebrachten) 270 kg an zusätzlichem Gewicht bergauf erneut ein Reichweitenfresser. Legt man diese zugrunde, wäre unser Ziel 158 km (und nicht die tatsächlich gefahrenen 130 km) entfernt gewesen.
Zum Glück ging es heimwärts (nach dem Mittagessen wieder um ein paar Gramm schwerer) bergab. Diesen zusätzlichen Vorteil mussten wir unbedingt nutzen, zumal unsere Mitfahrer keine Lust auf einen Zwischenstopp zum Laden hatten, und legten durchgehend B (Modus in dem das Fahrzeug rekuperiert) ein, um ausreichend Energie rückzugewinnen. Das macht schon Spaß, wenn man die Reichweite wieder wachsen sieht und man zudem gar nicht mehr (wie sonst üblich) die Bremsen betätigen muss, um tatsächlich stehen zu bleiben. Ganz ohne selbst zu bremsen geht es (vor allem in Situationen, in denen beherztes Zupacken gefragt ist) natürlich nicht, aber zum langsamen Ausrollen ist dieser Modus bestens geeignet.
e-Komfort
Man hat ja oft das Gefühl, dass die Rückfahrt nicht so lange dauert wie die Hinfahrt: Im Citroen e-C4 stimmt das sogar. Die Reichweite betrug – am Ziel angekommen – schließlich noch immer 138 km. Der Heimweg war also mit einer verbrauchten Reichweite von 38 km wirklich extrem kurz – und extrem komfortabel. Citroen vermittelt auch im e-C4 genau jenes Gefühl, das Citroen-Fahrer so lieben: Ein sanftes Dahingleiten in angenehm komfortablen Sitzen, die mehr Wohnzimmerfeeling vermitteln als so manch dafür vorgesehene Sitzgelegenheit. „Advanced Comfort“ nennt Citroen das und bezieht sich dabei zum einen auf die Sitze, zum anderen auf die Federung. Kein Wunder, denn seit 100 Jahren schätzen Citroen-Kunden diesen Komfort, der seinesgleichen sucht.
Während es in Reihe eins nichts auszusetzen gab, fühlten sich unsere Passagiere im Fond zwar aufgrund der vorhandenen Knie- und Kopffreiheit (trotz abfallender Dachlinie!) wohl, bemängelten aber (ab einer Größe von 1,80 m) die kurze Oberschenkelauflage und (größenunabhängig) die Art des Einstiegs: Muss doch ein dicker Wulst in den Innenraum überwunden werden. Weniger gefiel auch das „Gefühl wie auf einem Schiff“, das auf den Rückbänken als eine Art Schwanken empfunden wurde. Interessanterweise bekam man davon weder am Fahrer- noch am Beifahrersitz etwas mit.
Für alle spürbar war jedoch die Beschleunigung. Der Citroen e-C4 legt die Strecke von null auf 100 in 9,7 Sekunden zurück. Damit liegt er nur 0,2 Sekunden hinter dem 130 PS-starken Benziner. Für ein Elektrofahrzeug mag dieser Wert etwas mau erscheinen. Für Citroen-Fahrer erleichtert genau das aber vielleicht den Umstieg auf die E-Mobilität, da das typische E-Auto-Feeling beim Beschleunigen (vergleichbar mit einem Flugzeug kurz vorm Abheben) nicht vorhanden ist.
3 Fahrmodi zur Wahl
Wer sich im e-C4 drübertraut, kann jedoch in den Sport-Modus wechseln. Dann verhält er sich zwar schon mehr wie ein „normales“ E-Auto, allerdings mit der Einschränkung, dass das Citroen-typische Fahrwerk in dieser Kombi einfach nicht mehr stimmig ist. Im Sport-Modus wirkt es zu wenig straff und der e-C4 fast schon übermotorisiert. Neben diesen beiden Fahrmodi steht noch Eco zur Wahl: Hier erscheint im digitalen Armaturenbrett ein Hinweis, dass „Leistung und Wärmekomfort“ begrenzt sind. Eine schöne Umschreibung für das, was viele E-Auto-Fahrer im Winter (durch eine bewusst reduzierte Heizleistung) kennen, um doch noch irgendwie ans (länger entfernte) Ziel zu kommen: Beschlagene Scheiben und klamme Finger trotz Winteroutfit – für draußen versteht sich.
Ein großer Vorteil des e-C4 ist, dass die CMP-Plattform des PSA-Konzerns von Anfang an auf E-Mobilität ausgerichtet war. Davon profitiert vor allem das Kofferraumvolumen mit bis zu 1.250 Liter. Zudem werden die Ladekabel einfach im Zwischenboden verstaut, sodass der restliche Kofferraum komplett genutzt werden kann. Positiv überrascht waren wir auch von den Ladezeiten selbst: Bei einer angezeigten Reichweite von 120 km und einer halb aufgeladenen Batterie informierte uns der e-C4 im Zusammenspiel mit einer 50 kW-Ladestation über eine verbleibende Ladezeit von ca. 50 Minuten. Da dauern manche Wochenend-Einkäufe länger …
Praktische Helferleins
Gut gefallen hat uns auch die umfangreiche Serienausstattung (vor allem im Bereich der Sicherheit) sowie das exzellente Licht bei Nacht. Bereits das normale Abblendlicht leuchtet die Straße sehr gut aus. Der Fernlichtassistent, der seinen Namen wirklich verdient hat, lässt hier noch einmal weiter blicken und erkennt – im Unterschied zu vielen anderen – nicht nur entgegenkommende, sondern auch vorausfahrende Fahrzeuge und blendet rechtzeitig selbsttätig ab. Ebenso ein nützliches Helferlein mag der Radar-Warner (inkl. Section-Control-Anzeige) sein, der sich sowohl akustisch als auch im Navi bemerkbar macht (selbst dann, wenn keine Zielführung aktiv ist). Wer empfindlich auf Geräusche reagiert, dem piepst der C4 in diesem Zusammenhang vielleicht etwas zu oft.
Die Infotainment-Einheit könnte vielleicht eine Abspeckkur vertragen, andererseits passt sie in ihrer Opulenz zum generellen Auftritt des C4, der in seiner Gesamtheit durch die Bodenfreiheit von 156 mm, den kurzen Überhängen vorne wie hinten und den großen Rädern inkl. Beplankungen ein bisschen wie ein stämmiges Designerbaby wirkt. Der Spagat zwischen SUV und Limousine gelingt unserer Meinung nach jedoch bravourös, vereint der C4 doch Eleganz und Dynamik mit einem robusten Auftritt. Einzig störend ist (aber auch nur von innen) der aerodynamische Spoiler, der die Heckscheibe teilt und daher im Rückspiegel als Trennstrich wahrgenommen wird. Da braucht es wohl – ähnlich wie beim Infotainment – etwas Eingewöhnungszeit.
Fazit
Wer Citroen-typischen Komfort mit der gewohnten Fahrwerksabstimmung sucht und überlegt, auf ein E-Auto umzusteigen, ist mit dem e-C4 sicherlich gut bedient. Während andere Stromer abgehen wie eine Rakete, bewahrt der Citroen seinen Charakter und ist im Rahmen seiner Reichweite für die meisten Personen sicherlich alltagstauglich. Ausreichend Platz für Passagiere und Gepäck, zahlreiche Ablageflächen (inkl. Tablet-Lade vorm Beifahrersitz) und ein großer Kofferraum sind dank der CMP-Plattform jedenfalls vorhanden, ein konsumentenfreundlicher Einstiegspreis in die Welt der E-Mobilität auch.
Was uns gefällt:
- Citroen-typischer Komfort mit dazu passendem Fahrgefühl
- das gelungene Design
- die Preisgestaltung
Was wir noch verbessern würden:
- Schönheit muss leiden: Platzierung des Spoilers
- den Bedienkomfort der Infotainment-Einheit
- die tatsächliche Reichweite auf längeren Etappen
Technische Daten: Citroen e-C4 Shine Edition
Motor/Antrieb
Motor: Elektromotor, Batteriekapazität 50 kWh
Leistung kW/PS: 100 kW/136 PS
Drehmoment: 260 Nm
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: Automatik-Elektroantrieb mit fester Getriebeübersetzung
0-100 km/h: 9,7 Sekunden
V-Max: 150 km/h
Verbrauch/Umwelt
Werksangabe – kombiniert: bis zu 16,6 kWh/100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt: 18-20 kWh/100 km
Reichweite nach WLTP: 352 km
CO2 Emissionen: 0 g
Ladedauer (Herstellerangabe)
Haushaltssteckdose 230 V: zwischen 15 Stunden (verstärkte Steckdose) und 24 Stunden (Standard-Steckdose)
Wallbox: zwischen ca. 4,5 Stunden dreiphasig (optionales Ladekabel) mit 11 kW und ca. 7 Stunden einphasig (optionales Ladekabel) mit 7,4 kW
Öffentliche Ladestation, 100 kW (Ladezeit bis 80 %): ca. 30 Minuten
Fahrwerk/Reifen/Bremsen
Bremsen: VA + HA: Scheibenbremsen
Felgen/Reifen: 195/60 R18
Gewicht und Maße
Leergewicht: 1.616 – 1.694 kg
L/B/H: 4,355 /1,800 /1,520 m
Radstand: 2,670 m
Kofferraumvolumen: 380 – 1.250 Liter
Preise
Citroen C4 (PureTech 100 S&S 6-Gang manuell) zu haben ab: € 20.600,-
Citroen e-C4 zu haben ab: € 35.950,-
Citroen e-C4 Shine Edition zu haben ab: € 38.650,-
(c) Bilder: Gas Junky, sp