BYD Atto 3 Praxistest: Wahrlich kein Träumer

BYD? Manche werden sich fragen was denn hier dahintersteckt. Build Your Dreams begann vor circa 30 Jahren als Batterieproduzent und kann somit eine langjährige Erfahrung bei Akkus (auch für Fahrzeuge) vorweisen. Im Jahr 2003 erfolgte die Übernahme eines angeschlagenen Autokonzerns und die Produktion von E-Fahrzeugen. BYD (ausgesprochen biweidi) kann auf eine breite Produktpalette hinweisen, denn neben PKWs werden auch Busse, Gabelstapler und LKWs hergestellt. Ein weiterer Vorteil von BYD ist sicherlich auch jener, dass der Konzern alle zentralen Elemente selbst produziert und demnach auch die Verfügbarkeit der Fahrzeuge keine Rolle spielt.

Aktuell sind drei Modelle in Österreich im Angebot: Tang, Han und der SUV Atto 3, welchen wir in der Topversion genauer unter die Lupe nehmen durften. Während des Testzeitraums erreichte uns eine durchaus positive Presseaussendung – sodass der Atto 3 um 5.000 Euro preisreduziert wurde.

Exterieur: modern und zeitlos

Der BYD Atto 3 besticht mit einer breiten Chromleiste zwischen den flachen LED-Frontscheinwerfern und das Heck ziert ein durchgehendes Leuchtband mit dem ausgeschriebenen BYD-Logo. Weiters verfügt der Atto 3 über einen kräftigen Dachspoiler und an der C-Säule genarbte Chromapplikationen, welche an die Schuppen eines Drachen erinnern sollen. Für das Design des Atto 3 ist Wolfgang Egger, ein ehemaliger Chefdesigner von Audi zuständig.

Der Innenraum ist wahrlich originell

Die dreifärbigen, ergonomischen Sitze aus Kunstleder wirken sehr pfiffig, jedoch ist die Beinauflage unserer Meinung nach zu kurz geraten. Weiters verfügen sowohl Fahrer- als auch Beifahrersitz in der Topversion über eine Sitzheizung aber leider keine Sitzkühlung (auch nicht optional), welche wir an heißen Testtagen extrem vermissten. Erst mal Platz genommen im Atto 3 fällt einem sofort das 15,6-Zoll große Touch-Display auf, welches sowohl waagrecht als auch senkrecht platziert werden kann. Hingegen wirkt das nur fünf Zoll große Display hinter dem Volant etwas verloren und die Anzeigen für Ladestand des Akkus und Energieverbrauch sind unserer Meinung zu klein geraten.

Die Highlights im Inneren

Der Wahlhebel des Automatikgetriebes kann mit dem Schubhebel in einem Flugzeug verglichen werden. Weitere Highlights im Innenraum sind die Türöffner, welche sich oberhalb der seitlichen Lautsprecher befinden sowie rote Gummibänder in den Türen. Dies erinnert an Gitarrenseiten und so kann man beispielweise während der Ladepause seine musikalischen Fähigkeiten unter Beweis stellen bzw. auch gerne verbessern. Nach ein paar Versuchen ist uns beispielweise Smoke on the water schon recht gut gelungen.

Die markanten Lüftungsdüsen machen zwar optisch viel her, jedoch sind diese leider nur seitlich und nicht höhenverstellbar. Knöpfe für die Klimaanlage sucht man vergeblich, denn diese lässt sich ausschließlich über den Touchscreen steuern.

Zum Wohlfühlfaktor trägt das serienmäßige Panorama-Glasschiebedach mit elektrischer Sonnenblende bei sowie die vielfarbig einstellbare Ambiente-Beleuchtung.

Gute Platzverhältnisse

Die Platzverhältnisse für Passagiere sind sowohl in erster als auch zweiter Reihe vollkommen ausreichend. Die Rücksitze können im Verhältnis 60:40 umgeklappt werden und so kann das 440 Liter große Kofferraumvolumen auf bis zu 1.138 Liter vergrößert werden. Unter dem doppelten Kofferraumboden befindet sich eine Ablagemöglichkeit für das Ladekabel, denn einen Frunk sucht man im BYD vergebens.

Wie fährt sich der BYD Atto 3

Der BYD Atto 3 ist mit seinen 150 kW / 204 PS und 310 Nm für einen Vollzeit-Stromer keinesfalls übermotorisiert, dennoch reicht die Leistung jederzeit aus –7,3 Sekunden benötigt der Premium-Chinese auf Tempo einhundert.
Der kompakte SUV leitet die Kräfte eher untypisch an die Vorderachse – diese spürt man bei sportlicher Fahrweise auch an der Lenkung. Ebenso stört es, dass man mittels der zwei Rekuperationsstufen kein One-Pedal-Feeling erzielt, da die Energierückgewinnung zu zart ausfällt.
Auch der Übergang zwischen Bremse und Rekuperation würde noch ein wenig Feintuning benötigen.
Der Atto 3 ist eher komfortabel abgestimmt – womit besonders Querrillen oder andere Unebenheit gekonnt weggebügelt werden. Wem die Lenkung etwas zu indirekt ausgelegt ist, der kann mittels einem Sport-Modus ein wenig nachbessern. Dies gilt auch für die Dämmung des Fahrzeugs, welche speziell auf Autobahn-Etappen verstärkt werden sollte.

Reichweite und Laden

Laut Hersteller beträgt die Reichweite 420 Kilometer. In unserem Test mussten wir den Atto 3 jedoch schon etwas früher zur Ladestation bitten. Je nach Geschwindigkeit und Außentemperatur konnten wir zwischen 300 und 320 Kilometer zurücklegen. Bei überdurchschnittlichen Sommertemperaturen konnten wir einen durchschnittlichen Verbrauch im Drittelmix von 18,8 kWh pro 100 Kilometer erzielen. Für das Laden von zehn auf 80 Prozent benötigten wir ca. 45 Minuten.
Die maximale Ladeleistung beläuft sich auf 88 kW, womit hier noch deutlich Verbesserungsbedarf besteht, speziell für Pendler. Außerdem kann das Navi keine Route inklusive den nötigen Ladestopps berechnen, aber hier wird es bestimmt noch ein Over the air Update geben.

Unser Fa(hr)zit:

Es ist schon eine Macht, wenn man sich als eher unbekannte Marke in den Markt integriert und trotz des unglaublichen Preis-Leistungs-Verhältnisses hohe Qualität bietet. Die rasche Liefermöglichkeit aufgrund der Unabhängigkeit ist in diesen Zeiten natürlich Gold wert. Lediglich die schwache, maximale Ladeleistung und die ausschließlich seitlich einstellbaren Lüftungsdüsen sorgen für einen Eintrag ins Lastenheft. Klar würde man sich noch eine bessere Dämmung des Fahrzeugs und eine Sitzkühlung in der Topversion wünsche, aber träumen darf man ja, oder?

Was uns gefällt:

  • Das Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Das hochwertig wirkende Interieur
  • Die Kopf- und Beinfreiheit in beiden Reihen
  • Das stimmige Design
  • Umfangreiche Serienausstattung
  • Keine Wartezeiten bei der Auslieferung

Was wir noch verbessern würden:

  • Eine Sitzkühlung für die Topversion (auch gerne optional)
  • Die Lüftungsdüsen auch höhenverstellbar ausrichten
  • Eine höhere Ladeleistung
  • Eine bessere Fahrzeugdämmung

Factbox – BYD Atto 3 Design

Motor/Antrieb

Motor: Elektromotor, 60,48 kWh
Leistung kW/PS:  150 kW/ 204 PS
Drehmoment:  310 Nm bei 0 – 4.620 U/min.
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: Automatikgetriebe
0-100 km/h:  7,3 Sekunden
V-Max:  160 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert:  15,6 kWh/100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt:  18,8 kWh/100 km
Reichweite nach WLTP:  bis zu 420 km

Ladedauer

Wechselstrom einphasig 7 kW (Ladezeit bis 100 %): 9 Stunden 42 Minuten
Wechselstrom dreiphasig 11 kW (Ladezeit bis 100 %): 6 Stunden 30 Minuten
Gleichstrom 88 kW (Ladezeit 0 bis 100 %):  80 Minuten
Gleichstrom 88 kW (Ladezeit 10 bis 80%):  44 Minuten
Gleichstrom 88 kW (Ladezeit 30 bis 80%): 29 Minuten

Bremsen/Reifen/Felgen

Bremsen: VA: Scheibenbremsen belüftet, HA: Scheibenbremsen belüftet
Felgen/Reifen: 235/50 R18

Gewicht und Maße

Leergewicht:  1.750 kg
L/B/H: 4,455 m /1,875 m /1,615 m
Radstand: 2,720 m
Kofferraumvolumen: von 440 – bis 1.338 Liter

Preise

BYD Atto 3 (Basismodell) zu haben ab: € 34.980,- inkl. E-Mobilitätsbonus inkl. Steuern
BYD Atto 3 Design zu haben ab:
€ 37.380,- inkl. E-Mobilitätsbonus inkl. Steuern
Preis Testfahrzeug inkl. E-Mobilitätsbonus und inklusive Steuern:  € 37.380,-

(c) Bilder: Sebastian Poppe