Mercedes E 300 de im Test: Stromen auf Wolke 7

Das Facelift-Modell der Mercedes-Benz E-Klasse lässt nicht nur den Abstand zur S-Klasse schmälern, auch der hohe Fahrkomfort als auch das überarbeitete Cockpit pushen den Konkurrenzkampf der deutschen Premium-Hersteller enorm.
Noch spannender wird es, wenn wir einen Blick auf den Antriebsstrang werfen, denn hier kooperiert effiziente Dieseltechnik mit einem E-Aggregat, Mercedes ist derzeit der einzige Hersteller, der dieses logische Antriebsduo anbietet.
Aber dazu später mehr.

Interieur: Erstklassige Haptik, Widescreen gestochen scharf, geschmälertes Kofferraumvolumen!

Bereits das Interieur bringt im Zuge des Facelifts einige Änderungen mit sich. Einerseits erhält man ein neu gestaltetes Lenkrad, welches nun über Touch-Controls verfügt. Diese benötigen unbedingt eine Eingewöhnungsphase und wirken nicht gerade sehr wertig, hier haben uns die Bedienelemente des Vorfacelift-Modells deutlich besser zugesagt, womit man die gewünschten Einstellungen auch präziser getroffen hat.
Deutlich positiver können wir die erstklassige Haptik als auch die beiden Wide-Screen Bildschirme (12,3-Zoll in der Testversion) bewerten. Die Bedienung des MBUX erfolgt nun ausschließlich mittels Touchpad, welches den Dreh- und Drückregler in Rente schickt. Hier gibt es nichts zu meckern, denn die Bedienung verfügt über einen logischen Aufbau und die Befehle werden in Windeseile umgesetzt. Auch die Koppelung des Smartphones ist im Nu erledigt, Respekt!
Die Kopf- und Beinfreiheit ist in beiden Reihen als fürstlich zu bewerten, auch die Ergonomie könnte besser nicht abgestimmt sein.
Erstklassigen Klang erhält man mittels optionaler Burmester-Anlage, dieses Kreuzchen in der Sonderausstattungsliste lohnt sich allemal, denn diese anhaltende Stille (besonders im E-Modus) ist teilweise schon ein wenig unheimlich.
Weniger Begeisterung strahlt man aus, wenn erstmalig die Kofferraumklappe öffnet und man aufgrund des verbauten Akkus nur mehr über 370 Liter Kofferraumvolumen verfügt.
Deutlich positiver empfinden wir den sehr intelligent platzierten Ladeanschluss am rechten Heck des Fahrzeugs, denn hier hat man niemals Probleme, dass das Ladekabel zu kurz wäre. Fahrzeugbesitzer anderer Marken (besonders von E-Fahrzeugen) wirken aufgrund dessen schon ein wenig neidisch, dies gilt auch für den Antriebsstrang, denn Reichweiten Angst verspürt man hier nie.

Exterieur: Sehr nahe der S-Klasse!

Auch beim Außenkleid merkt man, dass die geliftete Version der E-Klasse sehr nahe an die S-Klasse herankommt. Die Front glänzt mit einem neuen Stoßfänger und serienmäßigen, schmalen Voll-LED-Scheinwerfer, optional auch als Multibeam LEDs – diese würden wir unbedingt empfehlen.
Am Heck blickt man auf zweigeteilte LED-Rückleuchten, welche mit einer Chromleiste oberhalb verbunden werden, dies betont natürlich die Breite der Limousine.
Schade finden wir, dass man auch in der Facelift-Version der Mercedes E-Klasse noch immer auf Fake-Auspuffblenden setzt, diese passen gar nicht zu dem sportlichen Aufritt des Fahrzeugs.

Fahreindrücke: Power ohne Ende, erstklassige Effizienz – ABER…

Wie bereits erwähnt werkt in der Testversion (in der AMG Line) ein Doppelherz für den Vortrieb. Die Rede ist von einem äußerst effizienten Selbstzünder mit 143 kW / 194 PS und einem Drehmoment von 400 Nm bereits aus dem Drehzahlkeller. Diesen nimmt man aber meist gar nicht wahr, denn die reinelektrische Fahrt verwandelt den E 300de 4 MATIC in eine noch komfortablere Limousine. Man surrt also aus dem Stand los und ist in der Praxis meist zwischen 35-40 Kilometer reinelektrisch unterwegs, selbst bei Überholmanöver nimmt man den Selbstzünder kaum akustisch wahr, ausschließlich die enorme Schubkraft beider Aggregate und das Drehmoment von 700 Nm lassen auf das Dualherz schließen.
In nur 5,9 Sekunden sprintet die E 300de 4MATIC Limousine aus dem Stand auf 100 Kilometer pro Stunde, sodass man beinahe von der Power eines Sportwagens ausgeht.
Die 4,93 Meter Limousine liefert nicht nur erstklassige Sprintwerte, auch die hohe Effizienz des Antriebstrangs ist eine Klasse für sich. Bei sportlicher Fortbewegung und geladenem Akku sind wir auf einen Verbrauch von 4,4-5,0 Liter pro 100 Kilometer gestoßen, bei vorausschauender Fahrweise stand sogar eine drei vor dem Komma.
Der minimale Nachteil – wie auch bei jedem anderen Plug-in-Hybrid- besteht lediglich darin, dass man auch auf längeren Etappen zusätzliches Gewicht mitschleppt. Wobei auch im reinen Verbrenner-Betrieb die geliftete E-Klasse mit hoher Effizienz punktet und mit den 2,1 Tonnen niemals überfordert wirkt.
Auch das Fahrwerk bügelt auch grobe Fahrbahnunebenheiten erstklassig, die Lenkung ist nicht übertrieben straff und direkt – bietet aber ausreichend Feedback, sodass auch der sportliche Touch nicht untergeht.

Doch kommen wir zum wohl größten Problem dieses perfekten Antriebstrangs. Leider gibt es für Diesel Plug-in-Hybrid Fahrzeuge keine Förderung vom österreichischen Staat. Die herkömmlichen € 2.500 werden also gestrichen, lediglich die NoVA kann also beim Kauf eingespart werden. Wirkt auch für uns unlogisch, denn der Zweiliter-Diesel ist gerade auf längeren Etappen der wohl effizienteste Geselle und auf Kurzstrecken ist man sowieso reinelektrisch unterwegs. Natürlich wird bei vielen der Kauf nicht alleine von der staatlichen Förderung abhängen, denn diese Antriebsversion macht nicht nur in jeder Hinsicht Sinn, sie fährt auch erstklassig und sorgt für noch mehr Entspannung, selbst auf Kurzstrecken.

Was uns gefällt:

Der erstklassige Antriebsstrang (Kombination aus Komfort und Sportlichkeit)
Der hohe Fahrkomfort
Die gestochen scharfen Displays

Was wir noch verbessern würden:

Eine staatliche Förderung auch für Diesel-Plug-in-Hybriden
Die Fake-Auspuff-Attrappen
Das sehr schmale Kofferraumvolumen

Fazit:

Mercedes bietet als derzeit einziger Hersteller auch eine Plug-in-Hybrid Version für Dieselversionen an, dies macht natürlich in der Praxis Sinn und bietet auch eine dementsprechend hohe Effizienz. Die Kombination aus den beiden Antriebssträngen wurde erstklassig abgestimmt und beeindruckt bei jeder Fahrt.
Den Verzicht der staatlichen Förderung sollte man nicht hinterfragen, denn gerade im Alltag punktet kaum ein Fahrzeug dieser Klasse und mit diesem Leergewicht mit solch hoher Effizienz.

Factbox: Mercedes-Benz E 300de 4MATIC Limousine

Motor/Antrieb

Motor: Vierzylinder Turbo Diesel, längs eingebaut
Hubraum:  1.950 ccm
Benzin-Aggregat: Leistung kW/PS:  143 kW/ 194 PS
Elektro-Aggregat: Leistung kW/PS: 90 kW/ 122 PS
Systemleistung kW/PS: 225 kW/ 306 PS
Drehmoment Benzin-Aggregat:  400 Nm bei 1.650 U/min bis 2.800 U/min
Drehmoment Elektro-Aggregat:  440 Nm
Systemdrehmoment kW/PS: 700 Nm
Antrieb: Allrad
Getriebeart: 9-Gang-Automatikgetriebe
0-100 km/h:  5,9 Sekunden
V-Max: 235 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert l/100 km:  1,5-1,3
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 4,4-5,0
CO2 Emissionen: 39-35 g/km / WLTP
E-Reichweite (WLTP): 39-35 Kilometer 

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen: VA: Scheibenbremsen innenbelüftet, gelocht HA: Scheibenbremsen innenbelüftet
Felgen/Reifen: VA: 245/45 R18, HA: 275/40 R18

Gewicht und Maße

Leergewicht:  2.130 kg
L/B/H in Meter: 4,935 m / 1,852 m /1,481 m
Radstand in Meter: 2,93,3 m
Kofferraumvolumen:  370 Liter
Tankinhalt: 50 Liter
Kraftstoff: Diesel

Preise

Mercedes-Benz E-Klasse Limousine (E200d) zu haben ab: € 51.040,
Mercedes-Benz E300de 4MATIC zu haben ab: € 67.650,-
Preis Testfahrzeug inkl. MWSt: € 85.818,00,-

Sonderausstattung (netto)

Lackierung: graphitgrau metallic € 905
AMG Line € 5.205
Premium Paket € 5.100
Night-Paket € 575
AMG Leichtmetallräder 5-Doppelspeichen Design € 315
Smartphone Integration € 415
Anhängevorrichtung mit ESP Anhängerstabilisierung € 1.000
MBUX Interieur-Assistent € 315
Burmester Surround-Soundsystem € 885
Scheibenwaschanlage beheizt € 175
Servoschließen € 575 (zieht die Türe sanft ins Schloss)


(c) Bilder: Sebastian Poppe, Gas Junky Media