Praxistest: VW Golf 8 GTE – Auf Blau machen…

Hiermit meinen wir natürlich die blauen Akzente an der Front, im Interieur als auch die drei, zentrierten Buchstaben am Heck – der GTE ist keinesfalls ein Pseudo GTI oder gar eine lahme Krücke. Es handelt sich hierbei eigentlich um den GTI mit Stecker oder gar um den Kompaktsportler mit den magischen drei Buchstaben der Zukunft.

Die Plug-In-Hybride haben ganz klar Ihre Daseinsberechtigung verdient, sofern man den Stecker im Kofferraum nicht verstauben lässt, immerhin erzielt man große Steuervorteile.
Aber das wird beim neuen Golf GTE keinesfalls der Fall sein, denn hier ist man gewillt die Systemleistung als auch das Systemdrehmoment abzurufen, in Zahlen ausgedrückt sind das 245 PS (wie auch die aktuelle GTI Version) und 400 Nm (+30 im Vergleich zum GTI).

Differenziert wird unter der Haube, der Hauptakteur des GTE bildet ein 1,4-Liter Turbobenziner mit 150 PS, der von einem Elektromotor mit 80 kW unterstützt wird, womit man über eine Systemleistung von 245 PS verfügt. Der Lithium-Ionen-Akku ist im Vergleich zum Vorgänger von 9 kWh auf 13 ausgeweitet worden, womit nun auch die Reichweite alltagsfreundlicher ausfällt, aber dazu später mehr.

Wuchtige 400 Nm pressen dich im Falle des scharfen Gasfußes in die klassischen, karierten Sportsitze mit blauen Akzenten, die immer reichlich Seitenhalt bieten und auch auf der Langstrecke keinesfalls unbequem sind.
Eine halbe Sekunde langsamer beschleunigt der GTE im Vergleich zur Kompaktrakete aus Wolfsburg auf Landstraßen-Tempo, das würde kaum jemanden auffallen, sofern man nicht die Messbox montiert hat.

Schade finden wir, dass man speziell im Sportmodus ausschließlich mittels Soundgenerator ein V8-ähnlches Geräusch einspielt. Klar, die Vorschriften werden diesbezüglich immer detaillierter und teilweise auch absurder, aber immerhin handelt es sich hier um eine Sportversion, die sich von der e-Hybrid Variante deutlich unterscheiden sollte und hierzu zählt unserer Meinung auch die sportliche Klangnote. Zumindest könnte man hier ein wenig mehr in die Tiefe gehen, sodass der gute Klang nicht nur aus den Lautsprechern eingespielt wird.
Trotz Differentialsperre kämpft der GTE teilweise mit Traktionsproblemen, denn gerade bei hastigem Gasfuß oder nasser Fahrbahn neigt das Traktionslämpchen immer wieder zu Flimmern, aber das ist wohl dem E-Boost geschuldet.
Solange wird im dualen Betrieb unterwegs sind, überrascht der GTE von seiner sportlichen Seite, besonders die Fahrleistungen gefallen. Er federt zwar deutlich komfortabler und lenkt auch nicht gar so spitz ein wie das sportliche Verbrenner-Duo, aber hier bewegen wir uns schon auf sehr hohem Niveau. Cool finden wir, dass man in dem Untermenü über die Rekuperationsstufen wählen kann, sodass man die Bremsanlage weniger belastet und zugleich zusätzliche Energie gewinnt.
Bei winterlichen Bedingungen kann man zwischen 40-45 Kilometer mit vollem Akku locker einkalkulieren. Auf der Haushaltssteckdose dauert es fünf Stunden und mittels 3,6 kW Stecker 3 Stunden und 40 Minuten, um die volle Leistung abrufen zu können.
Und genau hier ergibt sich das Problem, dass man hie und da auch mal längere Strecken zurücklegt. Demnach muss man sich mit dem 1,4-Liter Benziner mit 150 PS anfreunden und dieser wirkt bei sportlicher Fahrweise sehr gehetzt und neigt besonders im oberen Drehzahlband sich akustisch bemerkbar zu machen.
Hingegen man das Sechsgang-DSG für die extrem präzisen und flotten Gangwechsel loben muss, auch der Verbrauch hält sich sehr in Grenzen, sofern man diesen Sport mit Ladedisziplin betreibt, dann sind es knapp 4,5 Liter im kombinierten Verfahren.

Interieur: Infotainment für Technik-Füchse

Klar, die Digitalisierung trifft uns immer stärker, auch im Cockpit des Automobils. Das mag ja keine schlechte Sache sein, sofern man nicht in unzähligen Untermenüs herumsuchen muss, um beispielweise die Start-Stopp Automatik zu deaktivieren oder den Kilometerstand zurückzusetzen.
Und genau dies ist leider der Fall bei der neuen Golf Generation, es benötigt also eine gewisse Eingewöhnungsphase bis man die gewünschten Elemente in den Untermenüs gefunden hat, sogar wenn man nahezu wöchentlich die Modelle wechselt funktioniert dies hier nach dem Motto: Wer suchet, der findet.
Daher würden wir empfehlen, dass man die Bedienung vorerst im Stand durchführt oder gar um eine präzise Einschulung bittet.
Kaum Kritik gilt es beim sehr aufgeräumten Interieur. Die Ergonomie passt wie die Faust aufs Auge und die Materialwahl gilt als durchaus stimmig.
Sehr cool wurde die induktive Ladestation positioniert, denn darüber ist sogar noch Platz für ein Ablagefach, das man bei anderen Marken vermisst.
Ein bisschen hochwertigeres Feedback hätte man sich bei den Auswahltasten am Sportvolant gewünscht, aber das sei Geschmackssache.

Schmäler fällt natürlich auch das Ladevolumen im Kofferraum aus, womit man mit 273 Liter in der Basis auskommen muss.

Exterieur: Sport ist Mord?

Nahezu ident wirkt die Front des GTI Stromers, Verzeihung natürlich dem GTE.
Diese lässt den Wolfsburger äußerst dynamisch mit den integrierten 5-Punkt Nebelscheinwerfer und dem durchgehenden Leuchtband wirken – in diesem Fall – mit blauen Akzenten. Erstklassig leuchten die LED-Scheinwerfer die Fahrbahn aus und sorgen auch im Rückspiegel für ein sehr sportliches Design.
Das Heck glänzt ebenfalls mit IQ-Lights und dynamischen Blinkleuchten, dennoch hätte dieses speziell im unteren Bereich mehr Sportlichkeit vertragen, selbst die Abgasanlage hat man unter den Fake-Blenden versteckt, liebe Ingenieure das ist ein Sportmodell, sozusagen der GTI von morgen!
Dafür stechen hinter den Alufelgen rote Bremssättel hervor, auf diese muss man beispielweise beim eHybrid verzichten.

Fazit:

Der Golf GTE überrascht mit erstklassigem Durchzug und hoher Effizienz. Das Infotainment-System wirkt wie auch in anderen Modellen der aktuellen Generation sehr komplex. Zahlreiche wichtige Details hat man in Untermenüs versteckt, das wirkt nicht sehr intuitiv.
Ein bisschen mehr sportliche Linien und echte Auspuffendrohre hätten wir uns vom Heck erwartet. Großes Lob verdient der gewachsene Lithium-Ionen-Akku und das wuchtige Systemdrehmoment. Ob man nun tatsächlich zum GTE greift, hängt natürlich von der täglichen Strecke und der Ladeinfrastruktur in der Nähe ab. Ob es noch eine weitere GTI- oder gar Clubsport Version geben wird steht in den Sternen, das spricht klar für hohen Werterhalt. Dennoch lässt auch der GTE seine sportliche Seite zum Vorschein kommen, auch wenn noch ein wenig Luft nach oben ist.

Was uns gefällt:

Die erstklassigen Fahrleistungen
Die Rekuperationsstufen
Der durchschnittliche Verbrauch

Was wir noch verbessern würden:

Eine sportliche Optik für die Abgasanlage
Den Soundgenerator gegen realen Sound ersetzen
Eine logischere Bedienbarkeit für das Infotainment-System

Technische Daten: Golf GTE 4-türig

Motor/Antrieb

Motor: Vierzylinder Benziner Turboaufladung
Hubraum: 1.395 ccm
Benzin-Aggregat: Leistung kW/PS:  110 (150)
Elektro-Aggregat: Leistung kW/PS:  80 (110)

Systemleistung kW/PS:  180 / 245
Drehmoment Benzin-Aggregat:  250  Nm
Drehmoment Elektro-Aggregat:  330 Nm
Systemdrehmoment max: 400 Nm
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart:  6-Gang-Automatikgetriebe
0-100 km/h:  6,7 sec
V-Max: 225 km/h, reinelektrisch 130 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert l/100 km:  1,1-1,6 l/100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 3,5-5,0
CO2 Emissionen: 26-36 g/km

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen: 
VA+HA: Scheibenbremsen innenbelüftet

Felgen/Reifen (Dimensionen): 225/40 R18 (Testversion)

Gewicht und Maße

Leergewicht:  1.624 kg
L/B/H in Meter:  4,287 / 1,789 / 1,484
Radstand in Meter:  2,630
Kofferraumvolumen: 273-1.129 Liter
Tankinhalt:  39,5 Liter
Kraftstoff: Super 95

Preise

Golf 8 zu haben ab: 19.070 € ,-
Golf 8 GTE zu haben ab: 41.800 € ,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und MWSt: 50.964 €,-

Sonderausstattung:

Adaptive Fahrwerksregelung DCC € 985,20
Anhängevorrichtung anklappbar € 830,40
Fahrerassistenz-Paket € 654,-
Head-up-Display € 661,20
iQ.LIGHT – LED-Matrix-Scheinwerfer € 919,20
Leichtmetallräder „Bakersfield“ € 616,80
Navigationssystem „Discover Pro“ € 667,20
Nebelscheinwerfer und Abbiegelicht € EUR 344,40
Panorama-Ausstell-/Schiebedach € EUR 1.018,80
Rückfahrkamera „Rear View“ € 306,-
Schlüsselloses Schließ- und Startsystem € 418,80
Seitenairbags für die äußeren Rücksitze € 364,80
Telefonschnittstelle „Comfort“ € 438,-
Vorbereitung Mobiler Schlüssel € 217,20
VW Garantie 5 Jahre 100.000 km € 299,-
Winterpaket € 423,60

(c) Bilder: Gas Junky – Sebastian Poppe & Flo Richter