Praxistest: Suzuki Vitara Strong Hybrid – Verbeugung auf Japanisch

Der Suzuki Vitara Strong Hybrid erweitert seit Ende Jänner 2022 die Modellpalette um einen Vollhybrid. Was dieser (nicht) kann und wie unsere Eindrücke dazu waren, verraten wir euch in diesem Fahrbericht.

Während beim Mild-Hybrid ein Elektromotor den Verbrennungsmotor lediglich unterstützt, schafft es ein Vollhybrid auch, das Auto rein elektrisch zu bewegen. Bei Suzuki werkt an dieser Stelle ein 24 kW (33 PS) starker Elektromotor mit einem Drehmoment von 60 Nm. Dieser arbeitet dem 75 kW (102 PS) Benzinmotor zu. Das Gesamtpaket Strong Hybrid ermöglicht im Standard-Modus einerseits Kraftstoff sparendes Hybridfahren, im Eco-Modus andererseits rein elektrisches und dadurch fast lautloses Cruisen. Mittels einer Taste links vom Lenkrad kann der gewünschte Hybrid-Fahrmodus manuell ausgewählt werden.

Suzukis Strong Hybrid System

Das Strong Hybrid System besteht aus einem 1.5 Saugbenziner (Dualjet Motor), einer Motor-Generator-Einheit (MGU), einem automatisierten Schaltgetriebe (ASG) und einer 140 V Lithium-Ionen-Batterie mit Wechselrichter. Ein Erklärvideo gibt es hier. Da die Batterie im Bereich des Hecks verbaut ist (was fahrtechnisch durchaus Sinn macht), verkleinert sich das Kofferraumvolumen im Vergleich zu den Mild-Hybrid-Modellen von bisher schon eher minimalistischen 375 – 1.120 Liter auf 289 – 1.046 Liter im Strong Hybrid. Die von Suzuki verwendete MGU-Einheit ermöglicht auch elektrisches Fahren im Retourgang, sowie in die Gegenrichtung bis 80 km/h. 70 km/h haben wir in unserem Test geschafft, wobei besonders im Stadtverkehr ein hoher rein elektrischer Anteil möglich ist. Hier kann der Strong Hybrid seine Stärken voll ausspielen.

Beim Fahren mit konstanter Geschwindigkeit nutzt die MGU die Motorleistung, um Strom zu erzeugen und so den elektrischen Einsatzbereich auszudehnen. Um die Batterie wieder aufzuladen, wird die kinetische Energie beim Abbremsen wieder zurückgewonnen (rekuperiert) und in der Lithium-Ionen-Batterie gespeichert. Soweit, so gut. Weniger gut gefallen hat uns in diesem Zusammenhang das 6-gängige automatisierte Schaltgetriebe. Suzuki beschreibt es als Vorteil, dass ein „direktes Schaltgefühl mit der Leichtigkeit automatischen Schaltens“ vereint wird. Automatisches Schalten, ja – aber …

Nicht schon wieder

Wir meinen: Es fühlt es sich eher an wie die ersten, noch sehr unbeholfenen Schaltversuche eines Fahrschülers. Besonders dann, wenn man das Gaspedal fester durchdrückt, sind die damit verbundenen automatischen Nickbewegungen von Kopf bzw. Oberkörper unausweichlich. Dem kann man natürlich Abhilfe schaffen, indem man seinen Fahrstil anpasst und es eher gemütlich angeht. Das kommt dann auch dem Spritverbrauch zugute. (Unser relativ hoher Spritverbrauch resultiert vor allem durch flottere Autobahnfahrten.) Bei langsamerem Beschleunigen sind diese Verneigungen nicht mehr so stark spürbar, wir haben sie jedoch trotzdem als störend bzw. im Vergleich zu anderen Automatik-Getrieben als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Ebenso spürbar war der Wechsel zwischen rein elektrischem und kombiniertem Antrieb. Im Vergleich zu unserer Verbeugung ist dieser allerdings kaum mehr erwähnenswert.

In Verbindung mit der Automatik ist uns auch aufgefallen, dass D nicht die „dominante“ Stufe ist. Scheinbar will der Vitara Strong Hybrid lieber manuell geschalten werden: Die jeweiligen Enden der Automatik-Tafel flankieren nämlich P und M. Wer also beim Einlegen der Fahrstufe nicht aufpasst, kann schon mal versehentlich mit M durchstarten. Allerdings gewöhnt man sich an diese Eigenheit relativ rasch und schaltet zukünftig eben mit dem Gedanken „M plus eins“ in die Position Drive. Schaltwippen am Lenkrad gibt es beim Strong Hybrid übrigens auch.

Verlässlich mit Allgrip Select

Daneben sind – wie in allen Suzuki Allgrip Select-Modellen üblich – die Programme Auto, Sport, Snow und Lock verfügbar, um so auch abseits befestigter Straßen mit Suzukis Allradantrieb in jedem Fall voran zu kommen. Je nach Einsatzzweck werden die Antriebskräfte zwischen Vorder- und Hinterachse aufgeteilt. Das Verhältnis variiert dabei zwischen 100:0 und 50:50. Standardmäßig ist die Einstellung „Auto“ aktiviert. Hier liegt der Fokus auf größtmöglicher Kraftstoffeffizienz, weswegen die Kraft auf die Vorderachse verteilt wird. Lediglich beim Anfahren und bei Schlupf wird auch die Hinterachse versorgt.

Intuitive Bedienung

Für manche mag Suzuki im Inneren etwas old-fashioned wirken, da es noch immer Tasten und Drehregler (z.B. für die Klima-Einheit) gibt. Diese sorgen jedenfalls für weniger Ablenkung als so mancher Touchscreen. Im Vitara ist (im Unterschied zum S-Cross noch die alte Infotainment-Einheit zu finden. Diese wirkt mit ihrem viergeteilten Display für Hören (Medienwiedergabe), Anrufen (Telefonieren), Fahren (Navigation) und Connect (Smartphone verbinden) doch schon in die Jahre gekommen, ist aber etwas einfacher vom Handling her als das Pendant im S-Cross. Interessant gefunden haben wir, dass die mittige „Düse“ neben den Luftauslässen leer geblieben ist. In der Mild-Hybrid-Version gab es an diesem Platz noch das analoge Ziffernblatt einer Uhr.

Zwilling (inkognito)

Von außen unterscheidet sich die Strong Hybrid-Variante (bis auf ein kleines Logo-Detail am Heck) nicht von jener der Mild-Hybrid-Geschwister. Die sportlich elegante Linienführung steht in 13 Farben zur Verfügung, wobei es auch sechs Zwei-Ton-Kombinationen gibt. Obwohl im Straßenbild schon gut bekannt, sticht das Frontdesign mit seinen LED-Scheinwerfern nach wie vor ins Auge. Das Panorama-Glasschiebehubdach, das in unserem Testwagen in der Ausstattungslinie flash an Bord war, verwöhnte uns mit einem lichtdurchfluteten Innenraum.

Fazit:

Neben der immer noch frischen Optik (das Facelift wurde 2018 präsentiert) ist es vor allem die intuitive Bedienung sowie die ausgeklügelte Paket-Politik, die abseits der bekannten Off-Road-Stärken für den Suzuki Vitara spricht. Besondere Ausstattungshighlights müssen nicht erst mühsam zusammengesucht werden, sondern sind Teil von drei fixen Ausstattungsvarianten (clear, shine, flash). Auch die Garantie-Leistungen überzeugen (bis zu 5 Jahre erweiterte Garantie auf ausgewählte Bauteile, 12-jährige Garantie gegen Durchrosten). Einzig mit dem Strong Hybrid konnten wir uns nicht so recht anfreunden: Wer nicht unbedingt rein elektrisch fahren möchte, ist unserer Meinung nach (derzeit) bei den Mild-Hybrid-Modellen besser aufgehoben: Diese sind zudem etwas günstiger, vermitteln aber mehr Fahrspaß als der Strong Hybrid.

Was uns gefällt:

  • der relativ hohe, rein elektrische Anteil im EV-Modus
  • das immer noch frische Erscheinungsbild
  • echte Tasten und Drehregler

Was wir noch verbessern würden:

  • die (ungewollten) Verbeugungen weglassen
  • die Reihenfolge der Automatik-Tafel überdenken
  • ein neueres Infotainment-System spendieren

Factbox: Suzuki Vitara 1.5 Dualjet Hybrid Allgrip 6AGS flash

Motor/Antrieb

Motor:
wassergekühlter 4-Zylinder Benzinmotor, 16 Ventile, 2 oben liegende Nockenwellen mit variabler Ventilsteuerung (VVT), Multipoint-Einspritzung
Hubraum: 1.462 ccm
Benzin-Aggregat: Leistung kW/PS: 75 kW/102 PS
Elektro-Aggregat: 24 kW/33 PS
Drehmoment Benzin-Aggregat: 138 Nm bei 4.400 U/min
Drehmoment Elektro-Aggregat: 60 Nm
Antrieb: Allradantrieb
Getriebeart: 6-Gang Automatikgetriebe
0-100 km/h: 13,5 Sekunden
V-Max: 180 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe –kombiniert, l/100 km: 5,8 – 5,9
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 7,4
CO2 Emissionen: 141 g/km Euro 6d

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen:
VA + HA: Scheibe (vorne innenbelüftet)
Felgen/Reifen: 215/55 R17

Gewicht und Maße

Leergewicht:
1.318 kg
L/B/H: 4,175 / 1,775 / 1,595 m
Radstand: 2,500 m
Kofferraumvolumen: 289 – 1.046 Liter
Tankinhalt: 47 Liter
Kraftstoff: Benzin

Preise

Suzuki Vitara 1.4 DITC Hybrid zu haben ab:
€ 23.990,-
Suzuki Vitara 1.5 Dualjet Hybrid Allgrip 6AGS (shine): € 30.990,-
Preis Testfahrzeug (flash Ausstattung) inkl. NoVA und MWSt: € 33.590,-

(c) Bilder: Gas Junky, ak