Praxistest: Opel Corsa GSi – Echt GSi oder Möchtegern?

Viele von uns erinnern sich bestimmt noch, wie auch ich – obwohl damals noch kein Führerschein vorhanden – an die Opel GSi-Modelle der Achtziger und Neunziger Jahre. Die Bekanntesten unter Ihnen mit Sicherheit Corsa, E-Kadett und Astra F. Letztere mit den legendären C20XE-Motoren – 2.0 Liter Hubraum, zwei obenliegende Nockenwellen, 16 Ventile und flotte 150 PS unter der Haube. Damals war man regelrecht der sogenannte „King of the road“, durfte man einen GSi sein Eigen nennen. Allzu viel schnellere Konkurrenz brauchte man zu jener Zeit nicht fürchten.

Doch viele von Ihnen stellen sich sicherlich – und dies auch zurecht – die Frage: Ist der neue Rüsselsheimer immer noch ein echter GSi oder nur ein weichgespülter Möchtegern, der sich mit dem Logo früherer Helden ziert?

Diese Frage werde ich Ihnen in meinen folgenden Zeilen beantworten.

Keep it „schlicht“ – lautet offensichtlich die Devise.

Um einen neuen Corsa GSi am Außenkleid zu erkennen muss man schon zweimal hinsehen. Zwar wurde dem Kompakten mit dem Blitz ein OPC-Paket, mit Frontschürze, Seitenschweller und Dachspoiler spendiert – dennoch muss man auch hier schon ganz genau hinsehen, um zu erkennen, welch sportliches KFZ da vor einem lauert. Etwas einfacher – aber auch nur, wenn man direkt davor steht – macht es einem hier das zur Serienausstattung gehörende Carbonpaket. Bedeutet: Außenspiegel und Kühlergrillspange erhielten einen Carbon-Look.

Die Front des zur Zeit stärksten Corsa wirkt gefällig und ihr kann man auch entnehmen, dass dies im Rückspiegel wohl nicht die Oma im 70-PS-Corsa ist, die gerade am Weg zum Frisör ist. Am Heck des neuen GSi tut man sich diesbezüglich allerdings schon richtig schwer zu erahnen, worum es sich hier tatsächlich handelt, wenn da nicht die drei Buchstaben am Heck prangen würden. Das verchromte, ovale Auspuffendrohr ist diesbezüglich nicht wirklich eine Hilfe, zumal es weit schwächere Autos am Markt gibt, die weitaus mehr „Tam Tam“ in puncto Heckansicht von sich geben.

Die 18-Zöller „OPC-Raptor“-Felgen mit welchen der Testwagen ausgestattet wurde, sind übrigens nur gegen Aufpreis montiert. Allerdings sind sie, das extra-Kreuzerl wert – 18-Zöller mit 215er Patschen und 40er Gummi, stehen dem kompakten Rüsselsheimer wesentlich besser, als die serienmäßigen 17-Zöller.

Tür auf, Augen auf, GSi ist… ja wo ist denn nun GSi?

Opel wollte offenbar auch den Innenraum dem Außenkleid anpassen. So wirklich aufregend und voller Sportsgeist geht es auch im Interieur nicht weiter. Die Unterschiede zu einem Standard-Corsa fallen auch hier eher marginal aus. Lediglich an der Alu-Pedalerie, dem OPC-Line Lederschaltknauf, Leder-Handbremshebel und dem OPC-Line-Ledervolant, welches unten abgeflacht ist, kann man erahnen, dass es sich um den abgespeckten OPC handelt.

Wer jetzt meint, na an den Recaros sieht man es doch gleich, den muss ich leider enttäuschen. Die Nappa-Leder Recaros sind ebenfalls in der Sonderausstattungsliste zu finden und somit ebenfalls aufpreispflichtig. Jedoch muss ich förmlich darauf bestehen, dass man sich dieses Extra unbedingt leisten sollte. Diese Sitze sind nicht nur ein echter Hingucker, sie gehören definitiv zu den bequemsten und zugleich sportlichsten Sitzen, die man sich in einem Auto zu wünschen vermag. Würde ich im EU-Parlament etwas zu melden haben, so würde ich beschließen, dass diese Sitze ab heute in allen Fahrzeugen verbaut werden. Dem Rücken UND der Optik zu Liebe!

Im Allgemeinen wirkt der Innenraum jedoch für ein sportliches Fahrzeug ein bisschen zurückhaltend – ich würde mir hier eventuell ein paar rote Ziernähte, Carboneinlagen, rote Applikationen, gebürstetes Aluminium oder andere peppige, sportliche Akzente wünschen. Ebenso dürfte die Materialwahl an den ein oder anderen Stellen etwas hochwertiger ausfallen, auch wenn diese im Großen und Ganzen durchschnittlich ausfällt.

Der sieben Zoll Touchscreen mit Opel Navi 4.0 IntelliLink ist einfach zu bedienen, hat eine gute Auflösung, die Schnelligkeit ist hervorragend – nur die Platzierung ist meines Erachtens nach, etwas zu weit unten. Man muss seinen Kopf stets zur Seite und nach unten wandern lassen, um ordentlich ablesen zu können.

Um in den Fond zu gelangen darf man bei der dreitürigen Variante nicht allzu viel Speck um die Hüften haben, beziehungsweise sollte auch die Beweglichkeit noch nicht zu stark eingeschränkt sein. Einmal hineingezwängt, ist es jedoch recht komfortabel und lässt auch längere Fahrten ohne Beklemmungsängste zu.

Das Fahrgefühl – wenn jetzt nicht GSi, wann dann?

Gestartet wird Oldschool-mäßig mit dem Schlüssel und schon grummelt der 1,4 Liter große Benziner mit Turboaufladung. Gottseidank entschied man sich zumindest für vier „Heferl“ und keinen Downsizing-Dreizylinder.
Auf den ersten Metern fällt einem sofort die messerscharfe, direkte Lenkung auf. Diesbezüglich staunte ich schon mal, nicht schlecht – ist die Optik und der Innenraum ja nicht ganz GSi-Like.

Motor warm, Straße frei und der GSi-Fuß ist bereit. Das Gaspadal durchgedrückt und der kleine Rüsselsheimer spurtet vorwärts. Die Leistungsentfaltung dürfte für 150 PS, welche unter der Haube werken, jedoch auch ein wenig – sagen wir – direkter ausfallen. Vor allem im unteren Drehzahlbereich tut sich nicht wirklich viel, solange man die 3.500er Umdrehungsskala nicht passiert hat.

Überwindet man diesen Bereich des Drehzahlbandes, so wird der Kompakte dann tatsächlich zu einem kleinen Blitz. Dennoch schade, dass der neue GSi nicht an die Fahrleistungen eines alten Kadett GSi 16V (ebenfalls 150 PS) herankommt. Vom Stand auf die magischen Hundert gönnt sich der Corsa 8,9 Sekunden, während ihm der Kadett mit 2.0-Liter Hubraum und guter, alter Saugertechnik noch über eine Sekunde auf den Sprint abnimmt.

Erstaunt auf die ersten Meter hat mich dann aber nicht nur die präzise Lenkung, sondern auch die knackig, kurzen Schaltwege des gut abgestimmten 6-Gang-Getriebes. Diesbezüglich gibt es Konkurrenten mit viel mehr Leistung und weitaus schwammigeren Gangführungen.

Wo der alte Kadett dann aber mit großer Sicherheit vom Corsa ablassen muss, ist in den Kurven. Hier hat man es sogar ein wenig übertrieben, habe ich das Gefühl. Das Fahrwerk des Youngsters ist nämlich absolut bombastisch. Kein Wunder – kommt dies doch aus dem Opel Performance Center. In puncto Stabilität, sowie Kurvenverhalten und in Verbindung mit der präzisen Lenkung, könnte man dem neuen GSi gerne nochmals mindestens 150 Zusatz-Pferde spendieren.

Nur etwas mehr Abtrieb am Heck wäre dann noch wünschenswert – beim schnellen Anbremsen, wird das Heck des Rüsselsheimers ein klein wenig nervös, bleibt aber dank der tollen Balance stets kontrollierbar.

Auch die Bremsen überzeugen mit bravourösen Biss – Ermüdungserscheinungen gibt es auch nach mehrmaligen Bremsmanövern keine.

Mein Fazit:

Anfangs dachte ich, „das wird nichts mit GSi“. Solange man ihn nicht bewegt und nur ansieht, mag das auch in einer gewissen Weise stimmen. Doch einmal seinen Hintern in die Recaros gepresst, mit den Händen ans Lenkrad gefasst, Gang eingelegt und die erste Kurve genommen – spätestens jetzt weiß man: „Doch, es ist ganz sicher ein GSi“.

Was mich begeistert:

Das Fahrwerk
Die Lenkung
Diese traumhaften Sitze

Was ich mir noch wünschen würde:

Mehr GSi in der Optik
Mehr GSi im Innenraum
Kernigeren Auspuff-Klang

Technische Daten – Opel Corsa GSi:

Motor / Antrieb

Motor: Reihen-4 Zylinder 16V, Turbo
Hubraum: 1.364 ccm3 /
Leistung  kW / PS: 110 / 150
Drehmoment: 220 Nm
bei 3000–4500/min
Antrieb:
Front
Getriebeart: 6-Gang Manuell
0-100 km/h: 8,9 Sekunden
V-Max: 207 km/h

Verbrauch / Umwelt

Werksangabe – Stadt/Land/kombiniert l/100 km: 7,7 / 5,1 / 6,1
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 7,4
CO2 Emissionen: 140g/km Euro 6d-TEMP

Fahrwerk / Reifen / Bremsen

Vo. Achse: – k.A.
Hi. Achse: – k.A.
Bremsen:
VA:
Scheibenbremsen innenbelüftet
HA: Scheibenbremsen
Felgen / Reifen: 215/40 R 18

Gewicht und Maße

Leergewicht: 1.209kg
L/B/H: 4021/1736/1479 (Meter)
Radstand: 2,510m
Wendekreis: 10,6m
Kofferraumvolumen: 280 – 1.120 Liter
Tankinhalt:
45 Liter
Kraftstoff:
Super 95

Preise

Opel Corsa zu haben ab: 14.759,- €
Angebotspreis Opel Corsa GSi:
17.899,23,- €
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und Mwst: 22.854,- €

Sonderausstattung:

Metallic Lack: € 558,- €

OPC Leder Paket: 1.269,- €
Recaro Ledersitze, Türverkleidungen Kunstleder, Sitzheizung vorne, Lenkradheizung

Raucher Paket: 50,- €
Aschenbecher und Zigarettenanzünder

Sicht Paket: 263,- €
Regensensor, Innenrückspiegel abblendend, autom. Abblendlicht mit Tunnelerkennung

Bi-Xenonscheinwerfer: 659,- €

inkl. statischem Abbiegelicht, LED Tagfahrlicht

Getränkehalter in der Mittelkonsole: 60,- €

Klima-Automatik: 446,- €

Make-up-Spiegel in Sonnenblende Beifahrerseite: 50,- €

Parkpilot, hinten: 151,- €

Navi 4.0 IntelliLink: 720,- €
Navigationssystem inkl. Radio R4.0 IntelliLink

Rückfahrkamera: 395,- €

18″ Leichtmetallfelgen „OPC Raptor“: 334,- €

(c) Bilder: Gas Junky, pm