Praxistest: Opel Combo – Ein Begleiter für alle Lebenslagen

Opel Combo - Gas Junky Testbericht
(c) Gas Junky

Kennen Sie den? „Auto wegen Familienzuwachs abzugeben.“ Mit dem Opel Combo passiert Ihnen das eher nicht. Es sei denn, Sie planen neben der eigenen Familienerweiterung noch die Züchtung von Neufundländern. Der Opel Combo der mittlerweile fünften Generation bietet so viel Platz, dass wir uns regelmäßig überlegt haben, was man denn da noch alles mitnehmen könnte. Aber der Reihe nach …

Freundlich auch im Rückspiegel

Optisch lässt sich unschwer kennen, dass der Combo ursprünglich als Nutzfahrzeug konzipiert wurde, doch dieser Eindruck trügt ein wenig. Denn dank der erweiterten Farbpalette, die mittlerweile auch über andere Farbtöne als Weiß verfügt und der vielseitigen Ausstattungsfeatures erlischt der Nutzfahrzeug-Gedanke. Das Testfahrzeug kam in dunklem Blau (Ozean Blau) daher und wirkte damit schon ein wenig edel. Dennoch ist der Combo keiner, vor dem man sich im Rückspiegel fürchtet: Hat er doch eine sehr freundlich gestaltete Frontansicht, die so manchen auf der Autobahn doch noch dazu eingeladen hat, vor uns die Spur zu wechseln. Damit hebt sich der Combo von den vielen grimmig dreinblickenden Gefährten ab, die sonst das Straßenbild bevölkern. Den Combo selbst könnte man problemlos als Familienfreund bezeichnen, denn er teilt sich mit seinen Geschwistern (Peugeot Rifter und Citroen Berlingo) seine Basis (EMP2- Plattform).

Fahrgefühl

Aber zurück auf die Autobahn: Die Windanfälligkeit, die sich aufgrund der Bauweise ergibt, war erfreulicherweise geringer als erwartet; ist aber naturgemäß spürbar. Auf steilen Stücken wie der Wiener Westausfahrt auf der A1 hat man das Gefühl, dass ihm schon mal die Puste ausgeht – das ist aber an der Motorisierung mit 102 PS (75 kW) gelegen. Bei solchen Etappen muss schon ein wenig im Fünfgang-Getriebe gerührt werden, um den Lademeister auf Zug zu halten.
Wer plant, regelmäßig mehr mitzuschleppen, sollte daher zur Top-Motorisierung 130 PS (96 kW) greifen, diese kann sogar mit einer Achtgang-Automatik geordert werden. Auf unebenen Straßen merkt man aufgrund des hohen Schwerpunkts starke Wankbewegungen, die jedoch angenehm abgefedert werden. Die Bremsen packen einwandfrei zu, hingegen man der Lenkung mehr Präzision spendieren sollte. Auf der Habenseite des Raumwunders steht ganz klar der kleine Wendekreis. Nach dem Motto: „Kleiner parkt feiner“. Wir haben die Normalversion unter die Lupe genommen (4,40 Meter Länge), die Rüsselsheimer bieten auch eine XL-Version mit 4,75 Meter an.

Opel hat sich für den Combo wirklich allerlei Praktisches ausgedacht: Von der Lenkradheizung, über ein Head-up-Display bis zum Spurhalteassistent ist alles dabei. Letzterer ermahnt einen gerne, das Volant wieder selbst zu übernehmen. Leider funktioniert der Spurhalteassistent nur bei besten Wetterbedingungen. Schade eigentlich, denn wir würden ihn gerade dann brauchen, wenn es stark regnet oder wir in den Nebel eintauchen. Regen ist auch kein guter Begleiter für den Toten-Winkel-Assistenten: Dieser ortet durch die Regentropfen nämlich ständig imaginäre Feinde und ermahnt einen über einen orangenen Lichtpunkt im Außenspiegel, jetzt bitte nicht zu überholen – auch dann, wenn weit und breit niemand sichtbar ist. Ein wenig nervig ist auch, dass die elektrische Handbremse jedes Mal nach dem Start gelöst werden muss, dazu gesellt sich dann auch der erneut aktivierte Spurhalteassistent.

Aufgefrischtes und hochwertiges Interieur

Das Cockpit selbst erinnert keinesfalls mehr an ein Nutzfahrzeug und ist für diese Fahrzeugklasse auch hochwertig verarbeitet. Die Instrumente – inklusive Head-up-Display – sind gut ablesbar und der Touchscreen leicht zu bedienen, einzig die Sprachsteuerung ist noch verbesserungswürdig. So wurden wir desöfteren gefragt „Welche Musik möchten Sie hören?“, wenn wir unser Reiseziel genannt hatten. Wer dann noch immer zurückredet (anstatt den Vorgang manuell abzubrechen), bekommt eines jener Musikstücke seines USB-Sticks präsentiert, das am besten zur vermeintlichen Antwort passt.

Was uns am meisten begeistert hat, sind die zahlreichen Ablagemöglichkeiten, die man sich bei Opel ausgedacht hat: Es gibt zwei Handschuhfächer (eines davon mit USB-Anschluss), in die Seitentüren passt ein ganzer Zwischendurch-Einkauf für eine Person und in der Mittelkonsole lässt sich sogar eine Handtasche verstauen. Daneben gibt es noch unzählige Ablagefächer im Dachhimmel, unter den Sitzen (unterm Fahrersitz sogar mit einer Box) oder unter den Fußmatten der zweiten Reihe. Deren Sitze lassen sich übrigens mit wenigen Handgriffen problemlos zu einer ebenen Ladefläche umwandeln, auf der sogar ein Herrenfahrrad Platz findet. Hier ließe es sich auch bequem liegen, wenn man durch das Panoramadach Sternderl schauen oder Nordlichter verfolgen möchte. Dabei ist die Ladekante erfreulich niedrig, sodass man allerhand leicht ein- und auch wieder ausladen kann. Keine Radkästen, die irgendwo im Weg wären – eine echt feine Sache.

Wer allerdings regelmäßig in Längsparkplätzen steht, sollte sich über einen Aufkleber à la „Bitte 3 m Rangierabstand einhalten“ Gedanken machen. Leider bietet Opel den Combo mit einer Heckklappe an, die bessere Lösung wäre wohl eine geteilte Hecktüre. Sie schwingt zwar weit genug auf, sodass man sich daran nicht den Kopf stößt, braucht aber auch ausreichend Platz beim Öffnen, um den Laderaum freizugeben. Dafür erreicht man diesen – sofern man die Rückbank umgelegt hat – auch von beiden Seiten des Fahrzeugs, da der Combo über zwei Schiebetüren verfügt.

Die Sitze sind – ganz Family-Van – aus einem leicht zu reinigenden Material, das allerdings den Nachteil hat, etwas rutschig zu sein. Verbunden mit dem fehlenden Seitenhalt kann es schon mal vorkommen, dass man auf längeren Strecken oder nach Bodenunebenheiten seine Sitzposition korrigieren muss. Die Sitzposition des Beifahrers ist ein eigenes Kapitel: Hier hätten wir uns fast ein eigenes Handbuch gewünscht, wie es Opel beim Combo fürs Infotainment liefert. Während am Fahrersitz die gewohnten Hebel zur Verfügung stehen, um die Einstellung zu verändern, gibt es für den Beifahrer nur einen Griff, mithilfe dessen man all das erledigen können sollte. Reist man hingegen im Fond, finden drei Erwachsene angenehm Platz – und sogar noch ein kleines Tischchen auf dem Sitz vor ihnen. Fehlt nur noch das Bordservice. Für dieses würde sicherlich noch ein wenig Bares übrig bleiben. Denn Opel bietet den Combo bereits ab 21.000 Euro an. Die Testversion kostet knapp 5.000 Euro mehr, wobei hier schon so eine ganze Reihe an Sonderausstattung reingepackt wurde. Nicht ohne Grund wurde er mit dem Titel „Best Buy Car of Europe 2019“ ausgezeichnet.

Fazit

Der Combo ist ein praktischer Begleiter für all jene, die immer was zu transportieren haben und trotzdem auf kompakte Außenmaße angewiesen sind. Er wirkt innen viel größer und hochwertiger als man es ihm von außen zutrauen würde und bietet ungeahnte Stauraummöglichkeiten. Vom Handling her lässt er sich wie ein PKW fahren und ist aufgrund des Preis-/Leistungsverhältnisses durchaus eine interessante Alternative für alle, die aus beruflichen oder privaten Gründen regelmäßig viel Platz benötigen.

Was uns gefällt:

  • Platz, wohin das Auge reicht
  • niedrige Ladekante
  • kleiner Wendekreis

Was wir noch verbessern würden:

  • Sitzverstellung des Beifahrersitzes (bitte mehr als nur einen Hebel dafür)
  • holprige Sprachsteuerung
  • Memory-Funktion für Spurhalteassistent und Handbremse (nach jedem Starten ist beides wieder automatisch aktiviert)

Technische Daten: Opel Combo Life Innovation L 1.5 CDTI BlueInjection 75 kW (102 PS) – 5M

Motor/Antrieb

Motor: Dieselmotor Reihe 4 Zylinder
Hubraum: 1.499 ccm
Leistung kW/PS: 75 kW/102 PS
Drehmoment: 250 Nm bei 1.750 U/min
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: 5-Gang-Getriebe inkl. Start-/Stop-System
0-100 km/h: 12,7 Sekunden
V-Max: 175 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – Stadt/Land/kombiniert, l/100 km: 4,8/ 4,0/ 4,3
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 6,4
CO2 Emissionen: 109 g/km Euro 6d-TEMP

Fahrwerk/Reifen/Bremsen

Vo. Achse: Einzelradaufhängung, MacPherson-Federbeine
Hi. Achse: Einzelradaufhängung, Schraubenfedern, Stoßdämpfern
Bremsen: VA + HA: Scheibenbremsen
Felgen/Reifen: 17“ 7 J / 205/60R16 92H

Gewicht und Maße

Leergewicht: 1.431 kg
L/B/H: 4,403/1,848/1,567 m
Radstand: 2,785 m
Wendekreis: 10,8 m
Kofferraumvolumen: 597 – 2.216 Liter
Tankinhalt: 50 Liter
Kraftstoff: Diesel

Preise

Opel Combo Life 1,2 Direct Injection Turbo zu haben ab: € 21.000,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und MWSt: € 24.711,-

Sonderausstattung

Einführungspaket Innovation (inkl. schlüssellosem Schließ- und Startsystem „Keyless Open & Start“, Wireless Charging, Head-up-Display, Multimedia Navi Pro, Toter-Winkel-Warner, 180-Grad-Panorama-Rückfahrkamera, etc.) € 1.083,-
Innenraum Paket (inkl. 2 Ablagefächern im Fußboden, zusätzlicher Innenrückspiegel, Sonnenschutzrollos in der 2. Sitzreihe, Beifahrersitzrückenlehne horizontal verklappbar, Armlehne Beifahrerseite) € 347,-
Premium Paket (inkl. automatischem Parkassistent) € 1.302,-
Raucher Paket € 50,-
Metallic-Lackierung € 558,-

(c) Bilder: Gas Junky, sp

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