Alfa Romeo Junior Elettrica Speciale im Test

Neben Stelvio und Tonale bieten die Italiener nun auch ein 4,17 Meter SUV-Modell an, welches auf der CMP-Plattform basiert.
Eigentlich hätte der Junior die Modellbezeichnung Milano tragen sollen, doch kurz nach der Präsentation kündigte die italienische Regierung an, dass die Namensgebung gegen ein Gesetz verstoße, da das neue Modell in Polen gefertigt wird. Man einigte sich kurze Zeit später, dass der Milano nun doch Junior heißen wird. Unabhängig von der Modellbezeichnung haben wir uns das neue B-SUV unter die Lupe genommen. Kollege Richter ist ja bereits die Mildhybrid-Version gefahren, wir nehmen diesmal Platz in der schwächeren, der beiden E-Versionen Platz. Kann der Vollzeit-Stromer im Alltag überzeugen?

Interieur: Eine bunte Mischung…

Sofort stechen die (optional erhältlichen) Sabelt-Sporthocker ins Auge und bieten dennoch reichlich Komfort. Hinter dem teilbestückten Alcantara-Volant blickt man auf eine digitale Einheit, die einem die wichtigsten Infos liefert. Auch der Mitteltunnel, die Mittelarmlehne und die untere Armaturentafel an der Beifahrerseite sind mit dem beliebten Material versehen worden.
Die restliche Materialwahl ist leider recht hart ausgefallen. Schade finden wir auch, dass man viel im Konzernregal gewühlt hat. Auch ein Alfa mit E-Antrieb sollte unserer Meinung nach ebenfalls direkt am Volant gestartet werden. Bzw. haben wir oftmals über diese riesigen Alu-Schaltpaddles (bei Giulia und Stelvio) zu Beginn geflucht – aber auch diese würden wir uns in einem E-Fahrzeug wünschen, um bei flotter Fahrweise die Rekuperation zu steuern anstatt auf einen Plastikknopf zu drücken. Es fehlen uns hier teilweise die Emotionen, die man aus anderen Alfa-Modellen kennt und sehr schätzt (und damit meinen wir gar nicht den Verbrenner-Klang).  

Für die Hinterbänkler geht es recht eng hinter den Sportsitzen zu, denn selbst bei 1,70 Meter Körpergröße stoßt man mit den Knien an die Schalensitze. Deutlich luftiger wurde das Ladeabteil bemessen – hier bietet der Junior in der Basis großzügige 400 Liter, was für diese Fahrzeuggröße recht geräumig ist.

Exterieur: Neue Zeiten, neuer Wind…

Das Außendesign liegt natürlich immer im Auge des Betrachters. Bei der Frontpartie darf man nicht meckern – hier setzt man besonders mit dem Scheinwerfer-Design und der sportlichen gezeichneten Schürze auf einen dynamischen Look. Hingegen das Scudetto an der Front in Hartplastik dann schon sehr schmerzt. Man bekommt hier zwar immer erneute Vergleiche zu älteren, legendären Modellen um die Ohren geschmissen, aber letztendlich passt die Heckpartie dann doch deutlich besser auf einen Sportwagen als auf ein kompaktes SUV-Modell.
Wie bei anderen, zahlreichen Konzernprodukten verfügt auch der Junior über das einseitige Keyless-Go, lediglich auf der Fahrerseite.

Fahreindrücke und Lademanagement: Keinesfalls untermotorisiert, Ladeleistung im Schnitt

Muss tatsächlich jedes E-Modell über 250 PS leisten?
Nein, deutlich besser gefällt uns ein unter Anführungszeichen Leichtgewicht und das ist der Junior mit seinen rund 1,6 Tonnen.
Daher sind wir auch mit den 115 kW / 156 PS und 260 Nm nicht gerade untermotorisiert. Die Kräfte werden ausschließlich an die Vorderachse übertragen – der Sprint auf Tempo einhundert gelingt in neun Sekunden, womit man natürlich keinen Ampelstart gewinnt aber auch keinesfalls verhungert. Etwas überraschend ist, dass bei der schwächeren Elektro-Version die V-Max auf 150 km/h elektronisch begrenzt wurde, das mag besonders auf deutschen Autobahn-Etappen schmerzen.
Der klassische Antriebsstrang aus dem Konzernregal wurde für den Junior geschärft und bietet ein noch flotteres Ansprechverhalten, knackigeres Fahrwerk, präzisere Stopper und eine direktere Lenkung. Für ein City-SUV in der Einstiegsversion geht das klarerweise in Ordnung.
Dennoch werden echte Alfa-Fans lieber zur stärkeren Version mit 280 PS greifen, die wir zu einem späteren Zeitpunkt zur Brust nehmen werden. Dort ist dann auch ein Sperrdifferenzial und ein nochmals dynamisch kompensiertes Fahrwerk verbaut. 5,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo sind schon eine Ansage.
Der Testverbrauch pendelte sich bei 16,5 kWh pro 100 Kilometer im kombinierten Testverfahren ein. Demnach wird man rund 280-300 Kilometer mit einer Akkuladung kommen, zumindest bei sommerlichen Temperaturen. Die Ladeleistung beträgt AC 11 kW und am Schnelllader sind es maximal 100 kW. Für die Ladung von 10-80 Prozent haben wir rund 35 Minuten einkalkuliert.

Preislich liegen rund 10.000 Euro in der gleichen Ausstattungslinie zwischen Verbrenner- und Elektroversion.

Unser Fa(hr)zit:

Während Giulia und Stelvio unter der hohen Besteuerung in Österreich leiden, will man mit den Kompakten-Größen Tonale und Junior die Kasse füllen. Der Junior zeigt, dass nicht alle E-Autos mit Sportwagen-Leistung motorisiert sein müssen – Leichtgewichte mit rund 1,6 Tonnen sind hier wohl die bessere Lösung. Leider hat man bei diesem Modell sehr im Konzernregal gewühlt und das wird Alfa-Fans in die Augen stechen. Sportliche Emotionen liefern hingegen die optionalen Schalensitze und die Alcantara Bespannung. Fahrtechnisch hat man dem bekannten E-Antrieb Feintuning spendiert, womit der Einstieg in die BEV-Welt mit Sportlichkeit gelingt. Gesteigerte Emotionen dürfte die Topversion mit dem Veloce Schriftzug liefern. Wir sind gespannt!

Factbox: Alfa Romeo Junior Eletttrica Speciale

Motor/Antrieb

Motor: PMS-Motor
Leistung kW/PS: 115 kW/ 156 PS
Drehmoment: 260 Nm
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: 1-Gang-Automatikgetriebe
0-100 km/h: 9,0 Sekunden
V-Max: 150 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert: 15,0-15,5 kWh/ 100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt: 16,5 kWh/ 100 km
Reichweite nach WLTP: 398-410 km
CO2-Emissionen: 0g/ km

Ladedauer (Herstellerangaben)

Wallbox, 11 kW (0-100%): 5 Stunden 45 Minuten
Gleichstrom-Schnelllader, 100 kW (20-80%): 27 Minuten

Reifen/Felgen/Bremsen

Bremsen: VA+HA: Scheibenbremsen innenbelüftet
Felgen/Reifen: 215/55 R18

Gewicht und Maße

Leergewicht: 1.620 kg
L/B/H: 4173/ 1781/ 1532 mm
Radstand: 2562 mm
Kofferraumvolumen: 400-1265 Liter
Elektrische Speicherkapazität in kWh (brutto/netto): 54/51

Preise

Alfa Romeo Junior Elettrica zu haben ab: € 39.990,-
Alfa Romeo Junior Elettrica Speciale zu haben ab: € 41.990,-

(c) Bilder: Sebastian Poppe