Volvo EX90 Twin Motor Performance im Test: Sound of Silence

Unlängst haben wir im Facelift-Modell des Volvo XC90 PHEV Platz genommen. Nun testen wir den rein elektrischen EX90 in seiner Topversion. Hier treffen eine Systemleistung von 517 PS auf rund 2,8 Tonnen Leergewicht.
Wir nehmen das 5,04 Meter Flaggschiff unter die Lupe und berichten Euch über die Vor- und Nachteile des Vollzeit-Stromers.

Interieur: Touch soweit das Auge reicht…

Auch im Cockpit der reinen E-Version verzichtet man auf haptische Bedienelemente und setzt hier ausschließlich auf Touchflächen via 14,5-Zoll Display im Hochformat. Dass man selbst die Einstellung der Außenspiegel bzw. des Lenkrads über Untermenüs einstellt ist unserer Meinung nach ganz klar too much und lässt die Bedienung nicht gerade sehr intuitiv ausfallen.
Ebenfalls kann das Handschuhfach ausschließlich via Touchbefehl geöffnet werden, leider klappte dies bei unserem Testwagen nicht.
Die Basis bildet wie auch bei den anderen Volvo- und Polestar-Modellen Android Automotive inklusive Google. Leider hat der Touch-Bildschirm immer wieder gestreikt und die Internet-Verbindung ebenso. Trotz diverser Tastenkombinationen und Resets haben uns diese Fehler über die gesamte Testdauer begleitet.
Die Testversion wurde uns mit einer Schlüsselkarte übergeben, diese kann ausschließlich an der Fahrertüre an den Türgriff gehalten werden und muss nach dem Einsteigen auf den mittig platzierten Kartenleser gelegt werden. Gleiches gilt dann auch für das Versperren des Fahrzeugs, dies gelingt leider ebenso ausschließlich an der Fahrerseite, das ist leider in vielen Situationen recht ärgerlich.
Deutlich besser gefällt uns das klarerweise luftige Raumangebot des Volvo EX90. Der Vollzeit-Stromer mit 5,04 Meter Außenlänge und knapp drei Meter Radstand lässt selbst die Passagiere im Fond erstaunen.
In der dritten Sitzreihe ist auch für Großgewachsene reichlich Platz, zumindest für kürzere Strecken. Dies gilt auch für das Kofferraumvolumen, welches bei aufgestellter dritter Sitzreihe 324 Liter bietet und maximal bis zu 2.135 Liter zur Verfügung stellt. Der Frunk lässt die Ladekabel bequem verstauen.  
Die Sitze bieten reichlich Komfort und auf kurvigen Strecken spendieren diese reichlich Seitenhalt. Mittels optionaler Bowers & Wilkins Soundanlage (sage und schreibe 1.610 Watt Leistung) verwandelt man den EX90 in einen Konzertsaal auf Rädern. Erwähnenswert ist auch die Dämmung des Cockpits, denn selbst auf Langstrecken gelingt es, dass man sich hier herrlich von etwaigen Geräuschen abkapselt. Wir würden behaupten, dass die Geräuschdämmung nochmals deutlich besser als beim XC90 PHEV ausfällt und das ist schon eine Ansage.

Fahrverhalten und Lademanagement

Die beiden Elektromotoren (einer pro Achse) sorgen für 380 kW / 517 PS und ein Drehmoment von 910 Nm. Die Kräfte werden an alle vier Räder des knapp 2,8 Tonners weitergeleitet, sodass der Sprint auf Tempo einhundert in nur 4,9 Sekunden gelingt – untermotorisiert ist also ein Fremdwort.
Der Akku des Luxus-Stromers bietet eine Kapazität von 107 kW (netto), womit wir mit einem kombinierten Testverbrauch von 24 kWh/100 Kilometer rund 400 Kilometer ohne Ladestopp zurücklegen konnten. Schade finden wir, dass die AC-Ladeleistung mit 11 kW recht bescheiden ausfällt, denn zahlreiche Konkurrenzmodelle in dieser Preisklasse bieten optional die doppelte Leistung.
Die 250 kW maximale Ladeleistung DC konnte im Test nicht erreicht werden, wir schwankten zwischen 200-210 kW, wobei dies für ein Fahrzeug mit 400 Volt kein schlechter Wert ist. Die Ladung von 10 bis 80 Prozent konnte in rund 30-35 Minuten abgeschlossen werden.

Das optionale, adaptive Luftfahrwerk lässt den EX90 nur so über den Asphalt schweben ohne dabei ein unangenehmes Schwanken der Karosserie zu erzeugen. Selbst auf der ältesten Rumpelpiste in der Umgebung ist man mit dem EX90 völlig komfortabel unterwegs.
Die Lenkung dürfte gerne noch etwas direkter ausfallen, aber der EX90 ist trotz der enormen Leistung eher auf edlen Komfort ausgelegt. Natürlich ist auch bei der Vollzeit-Stromer Version Sicherheit ein wichtiges Thema, deshalb ist man mit Lidar Technik und jeder Menge Kameras und Sensoren ausgestattet. Die Funktion für das autonome Fahren ist leider vom Gesetzgeber noch nicht zugelassen. Bis auf den sehr peniblen Aufmerksamkeits-Assistenten liefern zahlreiche Assistenzsysteme besonders auf Langstrecken erstklassige Arbeit.  

Unser Fa(hr)zit:

Mit dem neuen Volvo EX90 hat Volvo den Sound of Silence nochmals auf eine ganz andere Ebene gebracht. Die herrliche Stille mit dem optionalen Soundsystem sind schon eine Ansage. Ebenso das Raumangebot und der hohe Fahrkomfort. Weniger Begeisterung ruft die nicht gerade sehr intuitiv gestaltete Infotainment-Zentrale und deren Software hervor.

Was uns gefällt:

  • Die Geräuschdämmung
  • Das optionale Soundsystem 
  • Das optionale Luftfahrwerk
  • Das Raumangebot

Was wir noch verbessern würden:

  • Die Bedienung intuitiver gestalten
  • Die AC-Ladeleistung optional auf 22 kW erhöhen

Factbox: Volvo EX90 Twin Motor Performance Ultra (7-Sitzer)

Motor/Antrieb/Akku

Motor: 2 Elektromotoren
max. Leistung kW/PS: 380 kW/ 517 PS
Drehmoment: 910 Nm
Batterietyp: Li-Ionen
Elektrische Speicherkapazität in Kilowattstunden: 107 kWh (netto)
Antrieb: Allrad
Getriebeart: einstufiges Automatik-Getriebe
0-100 km/h: 4,9 Sekunden
V-Max: 180 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert: 20,3-22,0 kWh/ 100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt: 24 kWh/ 100 km
Reichweite nach WLTP: 570-632 km
CO2-Emissionen: 0 g

Ladedauer (Herstellerangaben)

Wallbox, 11 kW (0-100%): 10 Std.
Gleichstrom-Schnelllader (10-80%): 30 Min.

Reifen/Felgen/Bremsen

Bremsen: VA +HA: belüfteteScheibenbremsen
Felgen/Reifen: VA: 265/45 R21, HA: 295/40 R21

Gewicht und Maße

Leergewicht: 2.780 kg
L/B/H: 5,037/ 1,964/ 1,560-1,744 m
Radstand: 2,985 m
Kofferraumvolumen: 324-2.135 Liter

Preise

Volvo EX90  Twin Motor Performance AWD zu haben ab: € 96.800,-
Volvo EX90 Twin Motor Performance AWD Ultra zu haben ab: € 107.400,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVa und MWSt.: € 115.594,01,-

Sonderausstattung

Außenfarbe: Sand Dune € 900
Pilot-Assist-Paket € 2.000
Adaptives Luftfahrwerk mit Four-C-Technologie € 2.250
Anhängerkupplung (semielektrisch) € 1.000
Audiosystem Premium Sound von Bowers & Wilkins € 2.570
Kindersitz im mittleren Fondsitz integriert € 266,67
Seiten- und Heckfenster abgedunkelt (ab B-Säule) € 425

(c) Bilder: Sebastian Poppe