BYD Sealion 7 im Test: Premium SUV zum Schnäppchenpreis?

Als Ende 2023 der chinesische Autohersteller BYD den Seal nach Europa gebracht hat, wurde regelrecht ein Beben im Elektro-Mittelklassesegment ausgelöst. Der Mix aus einem kräftigen Antrieb, einer soliden Verarbeitungsqualität und vor allem die faire Preispolitik haben für reges Kaufinteresse geführt. Mit dem BYD Sealion 7 haben hat Build your Dreams nun eine Schippe oben drauf gelegt und dem Seal quasi einen großen Bruder spendiert. Dieser soll – so die Hoffnung – auf dem SUV Markt ähnlich stark einschlagen wie der Seal in der Mittelklasse. Um uns ein Bild davon machen zu können, wurde für unseren Test ein Sealion 7 in der Top Ausstattungsvariante Excellence zur Verfügung gestellt.

Ein fescher Chinese im deutschen Maßanzug

Eines der auffälligsten Designmerkmale beim Sealion 7 ist wohl die Gestaltung der Heckpartie. Einerseits ist es ein völlig neues Fahrzeug, andererseits kommt einem die Linienführung irgendwie vertraut vor. Kein Wunder, denn BYD konnte als verantwortlichen Designer Wolfgang Egger gewinnen, der früher unter anderem für das Design bei Audi verantwortlich war. Vermutlich wirkt deshalb das Erscheinungsbild des Sealion 7 für das europäische Auge sehr gefällig und nicht so fremdartig wie es teilweise bei einigen anderen asiatischen Herstellern der Fall ist. Uns gefällt auch die Gestaltung der Frontpartie sehr gut, da durch die angedeuteten seitlichen Lufteinlässe dem Sealion 7 ein sportlicher Touch verliehen wird. Durch die coupéartig abfallende Dachlinie wird den Fondpassagieren und dem Kofferraum zwar etwas Platz weggenommen, passt aber optimal zum Gesamtauftritt des neuen Modells. Und die Erfahrung gibt Recht, denn während der Testphase haben wir zahlreiche interessierte Blicke geerntet und wurden sogar mehrmals direkt auf das Fahrzeug angesprochen.

Materialiqualität auf höchstem Niveau

Die Euphorie setzt sich im Innenraum fort, denn typisch BYD besticht auch der Sealion 7 mit einer hervorragenden Materialauswahl und Verarbeitung im Innenraum. Einmal in den Sportledersitzen Platz genommen – welche übrigens beheizt und belüftet werden können – möchte man gar nicht mehr aussteigen. Man fühlt sich auf Anhieb heimisch. Dasselbe gilt auch für die Rückbank, welche mit ausreichend Beinfreiheit und derselben Verarbeitungsqualität wie vorne überzeugt. Einzig die bereits erwähnte eingeschränkte Kopffreiheit könnte größere Passagiere etwas stören, wobei man aufgrund des Panoramaschiebedachs ein paar Zentimeter in der Höhe dazugewinnt. Apropos Panoramaschiebedach, gerade an heißen Sommertagen wird man das automatische Rollo zur Abdunklung im Innenraum sehr zu schätzen wissen, selbst der kleine Bruder Seal verfügt nicht über diese Funktion.

Der Kofferraum ist etwas eng geschnitten, größere Ladungen können hier deshalb unerwartet wenig Platz haben. Dafür gibt es als zusätzlichen Stauraum ein großes Staufach unter dem Kofferraum und vorne verbirgt sich noch ein riesiger Frunk mit 58 Litern Ladevolumen. Der Hebel zum Öffnen des Frunks ist etwas unpraktisch platziert, da dieser sehr weit unter dem Lenkrad positioniert ist und gerade zu Beginn einiges an Fummelei erfordert. Dafür wird man mit einem üppigen Plus an Extra Staufläche belohnt, der neben dem Ladezubehör noch Platz für eine kleinere Taschen bietet.

Hardware top – Software flop?

Aufgrund der recht kleinen Heckscheibe ist die Sicht nach hinten kaum gegeben, dafür gibt es eine ganze Armada an Kameras für eine optimale Rundumsicht. Und optimal ist nicht nur die Rundumsicht, sondern auch die Bildqualität mit der einem das angezeigt wird. Die Auflösungsqualität aller Kameras ist gestochen scharf, was bei engen Parkmanövern subjektiv für zusätzliche Sicherheit sorgt.

Die Bedienung des schwenkbaren 15,6 Zoll großen Infotainmentsystem erfolgt wie beim Smartphone, beispielsweise sind durch einen Fingerwisch nach unten die Schnellzugriffe und Einstellungen aufrufbar, welche man sich auch individuell konfigurieren kann. Weitere Konfigurationsmöglichkeiten gibt es noch für den Hintergrund des Infotainmentsystems und bei den Assistenzsystemen und Fahrzeugeinstellungen kann man sich durch eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten durchwühlen, sodass man recht rasch die Übersicht verliert in welchen Untermenüs man sich gerade verirrt hat. Technikaffine Nerds werden diese Möglichkeiten lieben, weniger verspielte Fahrer werden eher überfordert sein und stattdessen die Nase über den ein oder anderen Übersetzungsfehler rümpfen – wobei das nichts ist, was man nicht mit dem nächsten Softwareupdate beheben kann. Aber Achtung – da die Updates Over the Air erfolgen, kann man theoretisch jederzeit und überall Softwareupdates durchführen. Wenn man wie ich im Hinterland unterwegs war und dies durchführte, wäre es nett, wenn BYD einem vorab eine geschätzte Updatezeit mitteilen könnte. In meinem Fall musste ich über eine Stunde warten in der ich das Fahrzeug nicht bewegen konnte, was zwar ärgerlich war, dafür konnte ich die Vorzüge der verstellbaren Rückenlehne der Rückbank ausgiebig auskosten.

Die Klimaanlage bringt einem zum Schwitzen

Bei aller Lobhudelei ist der Sealion 7 aber keineswegs perfekt. Neben den angesprochenen Übersetzungsfehlern hat mich persönlich die Klimaanlage am meisten gestört, da diese sehr unharmonisch abgestimmt ist und sich nicht gleichmäßig im Fahrzeug verteilt. So kann es passieren, dass die Füße kalt angeblasen werden, während man am Oberkörper schwitzt.
Im Fahrbetrieb begegnet man einem ein Hauch von chinesischer Überwachungskontrolle, da es der Aufmerksamkeitsassistent sehr genau nimmt – ein kurzer Blick auf das Infotainmentsystem, schon schimpft der Assistent und ermahnt zur mehr Aufmerksamkeit in Richtung Straße. Nach dem bereits erwähnten Update hat der Tempomat nicht mehr so funktioniert wie zuvor, da die Taste zur Aufhebung des Tempomats nicht mehr funktionierte – das wird im nächsten Update hoffentlich wieder korrigiert werden. Auch der Spurhalteassistent ist sehr sensibel und greift unangenehm streng ein. Das angenehmste Fahrgefühl hat sich für mich dann eingestellt, nachdem ich Aufmerksamkeits- und Spurhalteassistenten deaktiviert habe.

Komfort SUV mit reichlich Punch

Die Fahrleistungen des BYD Sealion 7 überzeugen auf Anhieb, der Wunsch nach der ein oder anderen Verbesserung kommt erst mit der Zeit. Trotz einer Maximalleistung von 530 PS verleitet er keineswegs zum Rasen und das Fahrwerk und die Bremsen sind ganz klar auf eine komfortablere Fahrweise ausgelegt. Die Dämpfung ist überraschenderweise eher straff ausgelegt, hier wäre eine Luftfederung ein nettes Zusatzfeature. Die zurückhaltende Fahrweise ist die große Stärke des Sealion 7, da er sehr sparsam gefahren werden kann und mit dem 91 kWh Akku eine relativ hohe Reichweite von weit mehr als 400 Kilometer ermöglicht. Dennoch darf er nicht unterschätzt werden, wenn es darauf ankommt und man dem Fahrzeug die Sporen gibt, spurtet der Chinese ohne Rücksicht auf Verluste nach Vorwärts.
Das Kürzel 4.5S wurde nicht ohne Grund am Heck angebracht, denn 4,5 Sekunden dauert der Sprint von 0-100 km/h. Bei 130 km/h auf der Autobahn genehmigt sich der Stromer 25 kWh/100 km. Dafür konnte der Verbrauch bei Landstraßen-Temp auf unter 16 kWh/100 km geregelt werden. Die Rekuperation verfügt leider nur über zwei Stufen – stark und normal. Zusätzliche Rekuperationsstufen oder gar eine Möglichkeit sie zum Gleiten komplett zu deaktivieren fehlen, auch würde eine Dosierung der Rekuperationsstufen mittels Schaltwippen sehr gut gefallen.

Bei der Ladeleistung trumpft der Sealion 7 mit einer Maximalleistung von 230 kW auf. Diese Ladeleistung kann zwar nicht lange gehalten werden, bei einem vorkonditionierten Akku ermöglicht das dafür flotte Ladevorgänge und eine rasche Weiterfahrt. Und falls man unterwegs das Auto mittels Vehicle-to-load als Notstromaggregat verwenden möchte, findet man im Fahrzeug den passenden Adapter.

Fazit

Der chinesische Hersteller BYD beweist mit dem Sealion 7 eindrucksvoll, dass es mit deren Modellpalette in die richtige Richtung geht. Einige Premiumhersteller müssen sich warm anziehen um konkurrenzfähig zu bleiben, immerhin wird einem zu einem fairen Preis ein Rundum-Sorglos-Paket mit fast keinen zusätzlichen Sonderausstattungen geboten. Die Verkaufszahlen will BYD im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln und mit solchen Modellen und einer zusätzlichen Erweiterung der Produktpalette ist man auf einem guten Weg.

Was mich begeistert:

  • Die gestochen scharfen Kameras für die perfekte Rundum-Sicht
  • Das Dynaudio Soundsystem
  • Der Sitzkomfort

Was ich mir noch wünschen würde:

  • Harmonischere Abstimmung der Klimaautomatik
  • Lenkrad-Paddels zur Einstellung der Rekuperation
  • Haptische Knöpfe (bspw. für Sitzheizung/-kühlung)
  • Umfangreichere Ladesäulenplanung mit mehr Filterfunktionen

Factbox: BYD Sealion 7 Excellence AWD

Motor/Antrieb

Motor: Permanentmagnet-Synchronmotor
max. Leistung kW/PS: 390 kW / 530 PS
Dauerleistung kW/PS: 145 kW / 197 PS
Drehmoment: 690 Nm
Antrieb: Allrad
Getriebeart: Eingang-Automatikgetriebe
0-100 km/h: 4,5 Sekunden
V-Max: 215 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert kWh/100 km: 18,2
Werksangabe – Reichweite: 502 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt kWh/100 km: 19

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen: VA+HA: Scheibenbremsen innenbelüftet
Felgen/Reifen: 245/45 R20

Gewicht und Maße

Leergewicht: 2.435 kg
L/B/H: 4,830 m / 1,925 m / 1,620 m
Radstand: 2,930 m
Kofferraumvolumen: 520-1.789 Liter
Frunk: 58 Liter
Batterietyp: BYD Blade Battery (LFP)
Batterie Energiegehalt:
91,5 kWh
Ladedauer Wallbox 11kW: 10% – 100% 7,5 Stunden
Gleichstrom-Schnelllader bis zu 230kW: 10% – 80% 24 Minuten

Preise

BYD Sealion 7 zu haben ab: € 47.980,00
Preis Testfahrzeug inkl. MWSt: € 52.480,00

Sonderausstattung

Polar White Lackierung: € 1.100,00 (beim Testfahrzeug gratis enthalten)

(c) Bilder: Andreas König