Seit 1979 zählt die G-Klasse als fixe Ikone auf dem Automobilmarkt und so manche Stellen der Legende blieben seither unberührt, das ist auch gut so.
2018 wurde die Offroad-Legende rundum erneuert, damals nahmen wir in einem G 500 Platz. Hier werkte noch ein – im Vergleich zum G 63 – gezügelter V8-Biturbo unter der Haube. Kürzlich spendierten die Schwaben deren Luxus-Offroader eine Frischluftkur. Demnach spart man sich beispielweise mit der reinelektrischen Version hier in Österreich die NoVA zur Gänze (und kann je nach Lust und Laune im Stand eine 360 Grad Drehung mit dem satten Drehmoment von über 1.100 Nm einleiten). Das Verbrenner-Portfolio bietet zwei Benziner und einen Selbstzünder: Im G 500 ist man mit zwei Zylindern weniger unterwegs, einen V6-Selbstzünder findet man ebenso im Antriebsportfolio und die Topversion liefert inkl. Mildhybrid-System 605 PS aus einem Vierliter-V8 mit doppelter Turboaufladung.
Und genau diese Version haben wir uns für unseren Praxistest geschnappt. Der Einstieg gelingt mit rund einer drittel Million Euro, natürlich inklusive Steuern, aber ohne Optionen.














Interieur: Luxus pur mit den Ursprungsdetails vereint
Obwohl Kenner die einzelnen Feinschliffe bereits auf den ersten Blick sehen, blieb man bei vielen Details dem Klassiker treu und das ist auch wichtig und richtig. Bevor man im luxuriösen Innenraum Platz nimmt, muss man mittels Knopfdruck am Türgriff das Schloss entriegeln, spätestens wenn man auf den Ledersitzen Platz nimmt und die Türe ins Schloss fällt, weiß auch der Nachbar über die Fahrzeugwahl Bescheid.
Nun blickt man bei der Testversion auf zahlreiche Leder-, Alcantara- und Carbon-Elemente. Dazu gesellt sich ein Burmester 3D-Surround-Soundsystem, welches neben dem brabbelnden V8 Klang für erstklassige Akustik sorgt. Die Dämmung des Interieurs wurde nochmals gesteigert, natürlich sollte man sich keine Abkapselung der Außenwelt vor Augen führen.
Die Sitze bieten neben Heiz-, Kühl- und Massagefunktion auch aufblasbare Luftpolster, welche speziell in Kurven für perfekten Seitenhalt sorgen. Ein recht witziges Feature, da die Co-Piloten meist bei der ersten Kehre ein wenig über diese Funktion verwundert sind.
Auch in der zweiten Reihe sind die Passagiere luxuriös versorgt, denn die Testversion verfügt über das MBUX High-End-Fond Entertainment, hier sind Infotainment-Screens an den Vordersitzen montiert. Darüber hinaus verfügt man in zweiter Sitzreihe über reichlich Kopf- und Beinfreiheit.
Dass die Kofferraumklappe seitlich aufschwingt, das gehört ganz klar zum Stil der Off- und Onroad-Legende – ebenso wie das an der Heckklappe montierte Ersatzrad. Der Kofferraum fasst in der Basis 640 Liter.
Apropos Infotainment: Die Steuerung gelingt äußerst intuitiv per Touchbefehl oder eben auch per Touchpad in der Mittelkonsole – auch eine Sprachsteuerung ist bei der neuesten MBUX-Version an Bord, die selbst ein bisserl Weinviertlerisch versteht.
Auch bei der Klimasteuerung wurden einzelne Tasten beibehalten, um grobe Ablenkungen während der Fahrt zu verhindern. Für deutlich weniger Begeisterung sorgen die neuen Lenkradtasten, welche nicht nur haptisch recht kostenreduzierend wirken und teilweise die Befehle verzögert oder gar nicht umsetzen, wie auch schon bei zahlreichen anderen Mercedes-Modellen. Hier würden wir uns die Alu-Elemente wünschen, welche deutlich wertiger und intuitiver zu der G-Klasse passten.












Motor und Fahrverhalten: Neues Fahrwerk und erstklassige Performance
Unter der Haube der Testversion schlummert ein Vierliter V8 Biturbo mit einer Systemleistung von 605 PS und einem Systemdrehmoment von 1050 Nm. Korrekt, selbst der G 63 wird mit milder Hybridisierung versorgt – die Rede ist von einem 48-Volt-Milhybrid-System, der ISG ist besonders beim Anfahren zu spüren und versorgt die Performance-Version mit zusätzlichen 20 PS und 200 Nm Drehmoment. Die Start-Stopp-Automatik funktioniert mit dieser Technik klarerweise reibungslos, sodass man diese fast bei keiner Fahrt mehr deaktiviert. Die Ingenieure haben trotz strikten EU-Vorschriften einen eleganten und zugleich sportlichen Klang aus den Side-Pipes gezaubert, sodass Kaltstarts mit Suchtgefahr in Verbindung stehen. Aber dies passiert nicht nur im Stand, denn der G 63 lässt natürlich gerade während der Fahrt den Emotionen freien Lauf.
Diese Fahrleistungen in Worte zu fassen ist beinahe unmöglich, denn selbst mit einem sanften Tritt aufs Gaspedal sorgt der G 63 für unglaubliche Beschleunigungswerte, die ohne einen Blick auf das Tacho sehr böse enden können. Die 9-Gang-Wandlerautomatik liefert eine Spreizung zwischen den Gangwechseln – je nachdem welcher Fahrmodus gewählt wurde – gelingen diese sanft oder eben in nur wenigen Millisekunden unfassbar dynamisch. Der Sprint aus dem Stand auf Tempo einhundert gelingt trotz knapp 2,7 Tonnen in nur 4,3 Sekunden, Schluss ist erst bei 240 Sachen, sofern auch das AMG-Performance-Paket geordert wurde. Sogar über eine Launch Control verfügt der G 63 und die Zeit der Beschleunigungsorgie kann sogar auf dem Display aufgezeichnet werden.





Dazu gesellt sich ein neues Fahrwerk: AMG Active Ride Control inklusive Wankstabiliserung. Es ist ein echtes Meisterwerk, welches die unglaubliche Performance des Luxus-Offroaders entwickelt, aber selbst auf Rumpelpisten oder im Gelände wird jede Unebenheit erstklassig wegbügelt – wohlgemerkt mit einer Starrachse hinten. Mit den am Testwagen montierten 22-Zoll Alus sollte man jedoch im Gelände vorsichtig umgehen.
Die G-Klasse bleibt auch nach der feinen Überarbeitungskur ein echtes Offroad-Modell – selbst die drei Differenzialsperren, eine maximale Watttiefe von 70 cm und eine Steigfähigkeit bis zu 100 Prozent sprechen Bände.
Im Test genehmigt sich der G 63 rund 15 Liter Super Plus pro 100 Kilometer, womit die Werksangabe keinesfalls überschritten wird, aber das liegt natürlich auch am Winkel des Gaspedals.
Aber selbst 20 Liter werden wohl die Käuferschaft nicht abschrecken, wenn man rund 352.000 Euro für die Testversion (inklusive Optionen) bezahlt und davon über ein Drittel aufgrund der NoVA an den Staat überweist.
Unterm Strich kann die G-Klasse kein anderes Fahrzeug ersetzen, sie bleibt eine unverwechselbare Ikone, als G 63 wird uns diese noch sehr lange in Erinnerung bleiben.
Unser Fa(hr)zit:
Die G-Klasse bleibt ohne Zweifel eine der größten Ikonen am Automobilmarkt und beherrscht den Spagat aus Offroad und Performance besser als je zuvor. Mittels der AMG Active Ride Control sorgt man speziell auf asphaltierten Strecken für zusätzlich Performance (bzw. je nach Fahrmodus) für gesteigerten Komfort. Speziell der V8-Klang, die nochmals gesteigerte Performance und auch die zahlreichen Retro-Elemente begeistern uns jedes Mal erneut. Dass man auf ein Head-up-Display verzichten muss, das nehmen wir gerne in Kauf bei diesem Fahrzeug. Lediglich die hohen Steuern hierzulande und die neuen Lenkradtasten sind uns ein Dorn im Auge.
Was uns gefällt:
- Das einzigartige Design
- Der Antriebsstrang
- Die unglaubliche Performance
- Der Klang des Achtzylinders
Was wir noch verbessern würden:
- Die hohen Steuern hierzulande
- Unseren Kontostand
- Die Bedienelemente am Volant
Factbox: Mercedes-AMG G 63
Motor / Antrieb
Motor: V8-Biturbo inkl. Mildhybrid-System
Hubraum: 3.982 ccm3
Leistung kW /PS: 430 kW / 585 PS bei 6.000 U/min + 15 kW/20 PS
Drehmoment: 850 Nm + 200 Nm
Antrieb: Allrad
Getriebeart: 9-Gang Automatik
0-100 km/h: 4,3 Sekunden
V-Max: 220 km/h, inkl. AMG Performance-Paket 240 km/h
Verbrauch / Umwelt
Werksangabe – kombiniert, l/100 km: 15,7-14,7
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 15,0 L
CO2 Emissionen: 358–338 g/km
Reifen/Bremsen
Bremsen: VA + HA: innenbelüftete Scheibenbremsen
Felgen / Reifen: 295/40 R22 (Testwagen), Basis: 275/50 R20
Gewicht und Maße
Leergewicht: 2.640 kg
L/B/H: 4,873 / 1,984 / 1,971 (Meter)
Radstand: 2,890 m
Kofferraumvolumen: 640 Liter
Tankinhalt: 100 Liter
Kraftstoff: Super Plus
Preise
Mercedes-Benz G Klasse (G580, EQ) zu haben ab: € 146.990,-
Basispreis Mercedes-AMG G 63: 294.890,- €
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und Mwst: 351.066,40 €
Sonderausstattung (netto)
Standheizung € 1.370
Anhängerrangier-Assistent € 350
MBUX High-End Fond-Entertainment € 2.990
Fernbedienung für Standheizung € 200
MANUFAKTUR Logo-Paket in Schwarz € 700
AMG Performance Lenkrad in Carbon-Design / Mikrofaser MICROCUT € 820
AMG Night-Paket € 2.250
SUPERIOR Line Interieur € 6.965
Komfort-Paket € 1.580
AMG Performance-Paket € 9.980Wärme-Komfort-Paket € 1.450
Anhängevorrichtung mit ESP Anhängestabilisierung € 300
MANUFAKTUR Trittbretter in Schwarz € 850
AMG-Zierelemente in Carbon € 3.500
(c) Bilder: Sebastian Poppe
Vielen Dank an Herzer Bau und Transport für diese coole Location!