Toyota GR Yaris im Test: Rallye für den Alltag

Knapp vier Jahre ist es her, dass wir den GR Yaris im Praxistest unter die Lupe nehmen durften. Seither ist es fast schon eine Seltenheit, dass man in einem Hot Hatch mit entsprechenden Leistungsdaten und solcher Ingenieurskunst Platz nimmt. Zahlreiche Hersteller stellen die Produktion der kompaketen Basis-Modelle und klarerweise auch der Sportversionen ein und setzen deren Fokus ausschließlich auf rein elektrische Modelle, um den Flottenverbrauch zu reduzieren.
Toyota geht hier zahlreiche Wege zugleich und liefert mit dem GR Yaris der sportlich orientierten Kundschaft ein konkurrenzloses Fahrzeug in jeglicher Hinsicht.
Die Japaner meinen es mit dem Kompakt-Sportler sehr ernst, denn viele würden ja behaupten, dass es sich hierbei lediglich um eine „sportlichere“ Version des Yaris handeln würde. Fehlanzeige.
Aber was genau macht den GR Yaris zum konkurrenzlosen Racer mit Straßenzulassung und wie schlägt sich die überarbeitete Version im Alltag?

Es blieben lediglich die Außenspiegel, Schweinwerfer und die Dachfinne mit dem Basis-Yaris ident.
Bei der Karosserie setzt man weiterhin beim vorderen Teil auf die GA-B Struktur des Yaris mit einem neuen hinteren Teil, welcher von der GA-C Plattform stammt.
Mit dem CFK-Dach spart man 3,5 Kilogramm ein und mittels der Front- und Heckklappe aus Alu spart man nochmals 24 Kilogramm ein.

Technik und Design fließen hier direkt aus der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) ein. Mit diesen Ansätzen haben es die Ingenieure geschafft, dass sie einen Rennwagen bzw. ein Rallye-Fahrzeug mit Straßenzulassung auf die Räder stellen und dieses nochmals mit Feinschliff verbessern.
Aber alles nach der Reihe.

Interieur: Digitalisierung im überarbeiteten Rallye-Cockpit

Das Interieur ist ganz klar auf Funktionen, die im Rallye-Sport häufig benötigt werden ausgerichtet. Es gibt nun sogar eine Taste für den Ladeluft-Kühlerspray. Die Instrumententafel wurde um 50 mm gesenkt, die Position des Rückspiegels verbessert und die Instrumententafel fahrerorientierter gestaltet. Auch die Sitzposition wurde um 25 mm gesenkt, das merkt man bereits beim ersten Einstieg.
Neu ist das volldigitale 12,3-Zoll Display hier werden alle relevanten Daten übersichtlich gespiegelt. Über die daneben platzierte Infotainment-Zentrale können zahlreiche Funktionen mittels Touch-Bedienung gemeistert werden.
Passagiere in der zweiten Sitzreihe werden auch nach der Überarbeitungskur wohl keine Freude haben, denn hier geht es recht eng zur Sache. Diese Sitzplätze haben wir als erweitertes Kofferraumvolumen verwendet. In der Basis stehen 207 Liter zur Verfügung, aber kein Grund zur Aufregung, denn der GR Yaris spielt ganz wo anders seine Stärken aus. Der vier Meter Kompakt-Racer verzichtet auf eine Mittelarmlehne und größere Ablagefläche – das muss man eben bei einem Fahrzeug dieser Art in Kauf nehmen.

Antrieb und Fahrverhalten: Hallo Krawallo!

Kaum zu glauben, dass die Sportabteilung der Japaner aus dem Dreizylinder-Turbo-Aggregat zusätzliche 19 PS und 30 Nm Drehmoment rausholen konnten. Toyota untermauert diese Maßnahme aber weiterhin mit Haltbarkeit und Langlebigkeit des 1,6-Liter Aggregats. Erstmals kann zwischen einem 6-Schaltgetriebe und einem Achtgang-Automatik-Getriebe gewählt werden.
Wir sind dem Sechsgang-Schaltgetriebe treu geblieben und sind von der Präzision der Schaltwege begeistert.
Dieses wurde überarbeitet und mit einem Zweimassenschwung versehen, womit das maximale Drehmoment problemlos übertragen werden kann.
Mittels dem GR-Four Allradsystem verteilt man die Kräfte via Knopfdruck je nach Bedarf zwischen Vorder- und Hinterachse. Je nach Traktion kann die Kräfteverteilung zwischen 60:40 und 30:70 variieren. Im Schotter-Modus, ja sowas gibt es auch – liegt die Verteilung bei 53:47. Aber genug von der Theorie und nun zum Fahrverhalten.

Gestartet wird per Knopfdruck, womit das sportliche Primzahl-Aggregat recht dezent erwacht – danach verlangt der GR Yaris vom Piloten reichlich Kraft in den Beinen, denn die Sport-Kopplung liefert jede Menge Widerstand – aber in Kombination mit dem präzisen Sechsgang-Schaltgetriebe erfüllt dies die Träume aller Benzinbrüder. Dazu gesellen sich erstklassige Schalensitze, die auf ein paar Kilos zu viel sachdienlich hinweisen, aber keinesfalls einengen.
Das digitale Instrument liefert eine Info, dass das Aggregat noch nicht die ideale Betriebs- und Öltemperatur erreicht hat, sodass man lieber ein wenig im Schaltgetriebe umrührt und den Power-Dreizylinder auf niedrigen Drehzahlen in Ruhe warmfährt. Aber diese Vorgehensweise sollte man ja generell bei jedem Fahrzeug an den Tag legen – man merkt schon, dass der GR Yaris sowas wie das ideale Rallye-Fahrzeug für die Straße ist. Die Lenkung äußerst präzise und straff, das Fahrwerk klarerweise auf die sportliche Note abgestimmt und die Bremsanlage keinesfalls zu bissig, aber dennoch keine Anzeichen für Fading, nicht mal im Grenzbereich beim Kurventanz im Hinterland.
Dort fühlt sich der GR Yaris pudelwohl – die kurvigen Strecken im hügeligen und kurvenreichen Weinviertel machten kaum mit einem anderen Fahrzeug dieser Preisklasse dermaßen Spaß. Und man muss den GR Yaris nicht mal im Grenzbereich manövrieren, denn der Japaner ist der Beweis, dass man mit knapp 1,35 Tonnen und 280 Pferden gnadenlos auf irgendwelche 500 PS Boliden verzichten kann, die meist das doppelte Gewicht im Fahrzeugschein vermerkt haben. Das niedrige Leergewicht spielt klarerweise eine große Rolle – dies merkt man nicht nur beim Rausbeschleunigen aus den engen Kehren, sondern natürlich auch beim Anbremsen und in weiterer Folge auch beim Einlenken. Es ist ein Gedicht, wenn man mit dem überarbeiteten GR Yaris das kurvige Hinterland erkundet und teilweise auf den Rallye-Zwerg angesprochen wird. Hier interessiert es fast keinen, dass der athletische Japaner in 5,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo einhundert sprintet und 230 Sachen Spitze läuft, denn auch wir haben uns viel mehr mit den Fahreindrücken als mit dem Datenkasten beschäftigt. Selbst die Zweirad-Abteilung verfällt teilweise im Kurvengetümmel in Schnappatmung, wenn der GR Yaris seine Rallye-Technik spielen lässt und mit ausgeklügelter Performance punktet.

Sogar auf der Langstrecke kann der GR Yaris überzeugen, aber auch hier erwischt man sich immer wieder, dass man gerne mal die nächste Autobahn-Ausfahrt nimmt und sich auf die Suche nach ein paar kurvigen Strecken begibt. Bleibt nur zu hoffen, dass die GR-Schmiede den Yaris auch weiterhin anbieten und man auf etwaige Elektrisierung verzichtet und man diesem Konzept treu bleibt.
Preislich wird man hierzulande aufgrund der zahlreichen Steuern ordentlich zur Kasse gebeten. Für die Testversion mit dem 6-Gang Schaltgetriebe fallen 21 Prozent NoVA zusätzlich zu den 20 Prozent MWSt an. Dennoch sollte man dringlich beim nächsten Toyota-Händler zuschlagen, denn dieses Konzept ist einzigartig und quittiert mit einem unheimlichen Performance-Level, welches man nicht so schnell wieder spendiert bekommt.

Factbox: Toyota GR Yaris 1,6 High Performance

Motor/Antrieb

Motor: 1,6 l Turbobenziner (Dreizylinder)
Hubraum: 1.618 ccm
Leistung kW/PS: 206 kW / 280 PS
Drehmoment:  390 Nm zwischen 3.250 U/min und 4.600 U/min
Antrieb: Allrad
Getriebeart: 6-Gang-Schaltgetriebe
0-100 km/h:  5,5 Sekunden
V-Max:  230 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert l/100 km:  8,7-9,5
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 9,5
CO2 Emissionen nach WLTP:  197-215g/km

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen: VA+HA: Scheibenbremsen (belüftet und geschlitzt)
Felgen/Reifen: 225/40 R18

Gewicht und Maße

Leergewicht:  1.355 – 1.400 kg
L/B/H: 3,995 m /1,805 m /1,455 m
Radstand:  2,560 m
Kofferraumvolumen:  207 Liter
Tankinhalt:  50 Liter
Kraftstoff: Super Plus

Preise

Toyota GR Yaris erhältlich ab: € 60.790,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und MWSt: € 63.740,-

Sonderausstattung

Außenfarbe: emotional Red € 700
Leichtmetall Felgen geschmiedet € 2.000
Technik-Paket € 950

(c) Bilder: Sebastian Poppe