Bereits im Jahre 1969 erblickte der erste Ford Capri die Welt, wobei einige Zeit später das Facelift der zweiten Generation zum wohl ikonischsten Modell der Reihe wurde. Damals war er ein kompaktes Coupé mit bis zu 150 PS aus einem bis zu drei Liter großen Sechszylindermotor in V-Anordnung. 56 Jahre später kommt nun nach einer langen Pause der neue Capri auf die Straßen, doch die größte Gemeinsamkeit mit den Vorgängern, dürfte wohl der Name sein.
Exterieur: Eine runde Sache





Erblickt man den neuen Ford Capri in der Lackierung Magnetic Grey Metallic, fällt einem bereits beim ersten Hinsehen auf, dass hier Großteils auf scharfe Kanten verzichtet wurde. Dies beginnt bereits bei den LED-Scheinwerfern sowohl mit dem Gehäuse, als auch mit der Lichtsignatur, welche mehrere horizontal gestreckte Bögen darstellt. Sie sind über einen schwarzen Streifen direkt unterhalb der Motorhaubenkante verbunden, welcher auch das Ford-Logo beheimatet. Weiter darunter befindet sich der eingestanzte Modellschriftzug, gefolgt von zwei sehr weichgezeichneten Kanten, wovon eine in die minimalistischen Lufteinlässe vor den Vorderrädern übergeht. Unterhalb des Kennzeichens wurde mit schlichten, waagerecht verlaufenden Lamellen zur Verkleidung der Öffnung der Kühlluftzufuhr gearbeitet, welche durch die schwarze Lackierung kaum auffallen. Die weit vorgezogene Abrisskante der Motorhaube verleiht der Front Präsenz, erleichtert allerdings nicht die Übersichtlichkeit.
In der Seitenansicht sind die Ähnlichkeiten zu den Vorgängern wohl am stärksten, auch wenn unser Testfahrzeug mittlerweile ein großes Elektro-SUV ist. An den Türverkleidungen wurden primär sanfte Rundungen eingesetzt, welche nach unten hin zum Seitenschweller von einer scharfen Kante abgegrenzt sind. Lufteinlässe oder ähnliches fanden hier jedoch einen Platz, um Tribut an die früheren Modelle zu zollen. Was er jedoch behalten durfte, war das Schrägheck, wobei die Heckscheibe beinahe zur Abrisskante des Kofferraumdeckels gezogen wurde. In der Heckansicht merkt man deutlich mehr den Einsatz von Kanten, erblickt jedoch auch hier beinahe die gleiche Lichtsignatur in den Rückleuchten, wie bei der Front, wobei auch sie durch ein schwarzes Band verbunden sind. Auch wenn das Heck etwas bulliger als der Rest des Fahrzeugs gestaltet ist, baut es doch sehr hoch auf, sodass der Capri gar etwas schmal und hoch wirkt.
Interieur: Die üblichen Verdächtigen?













Nimmt man hinter dem Volant auf den Stoffsitzen mit Kunstlederelementen Platz – wobei der Fahrersitz sowohl elektrisch verstellbar ist, als auch eine Massagefunktion hat – fallen schnell viele Elemente auf, die aus der Kooperation mit der VW AG stammen. Angefangen beim Gangwahlhebel am Lenkrad, der alles andere als Sportlichkeit versprüht, über die entnervenden Fensterheber der Fahrertür, welche entweder die Bedienung der vorderen, ODER der hinteren Fenster ermöglichen. Zweiteres ist nicht nur nervig, sondern lenkt auch ab, wenn man den Knopf mehrmals drücken muss, weil der Touchbefehl nicht erkannt wurde. Beim Lenkrad hat man versucht etwas Nostalgie einfließen zu lassen und ein etwas sportlicheres Design einzusetzen, aber in Kombination mit rund 2,1 Tonnen Leergewicht in einem SUV springt der Funke hier nicht gänzlich über. Das Fahrinfodisplay fällt mit 5,3-Zoll relativ kompakt aus, zeigt dafür aber einiges an Information an. Außerdem kann hier schnell die Ansicht über Tasten am Lenkrad verändert werden.
Weitaus interessanter ist das Infotainmentdisplay, welches verschoben werden kann und somit ein „geheimes“ Fach offenbart. Darunter sind auch USB-C-Buchsen verbaut und ausreichend Platz, um auch kleine Snacks, ein Portemonnaie oder derartiges zu verstauen. Leider ist das Touchpad der einzige Weg um eine Vielzahl der Funktionen des Fahrzeugs zu steuern, was auch hier eher eine Ablenkung, als eine Bereicherung darstellt. Das Design des dahinter liegenden Armaturenbretts ist wohl eher als minimalistisch zu beschreiben und die allgemeine Materialwahl des Interieurs könnte gerne etwas hochwertiger ausfallen.
Überraschend erfreulich fällt das Raumangebot im Fond aus, denn hier ist trotz der abfallenden Dachlinie ausreichend Kopf- und Beinfreiheit, sodass man gerne auch Erwachsene auf der Rückbank platzieren kann. Ebenfalls erfreulich ist der Kofferraum, denn dank der 627 Liter Volumen blickt man auf reichlich Stauraum.
Fahrverhalten: Die alten Gene aufkommen lassen
Unser Testfahrzeug ist mit dem 77 kWh (netto) großen Akku ausgestattet, welcher den Motor an der Hinterachse speist. Dieser liefert bis zu 286 PS und 545 Nm, welche den Capri in 6,4 Sekunden aus dem Stillstand auf Tempo 100 beschleunigen. In Kombination mit dem straffen, gut abgestimmten Fahrwerk und dem niedrigen Akku-Position kommt tatsächlich direktes Fahrverhalten auf und auch das Feedback an den Fahrer ist gut, obwohl eine Vielzahl der Unebenheiten suffizient ausgebügelt werden.
Das Ergebnis ist direktes, fast sportliches Fahrverhalten, wobei das Gewicht natürlich ab gewissen Querbeschleunigungen auch nicht vernachlässigt werden darf.
Was den Verbrauch betrifft, so gibt Ford 14,8-13,8 kWh/ 100 km an. Im Test konnten wir 18,7 kWh/ 100 km erreichen, was freilich ein gutes Stück mehr ist, aber abseits von WLTP-Werten ein gutes Ergebnis ist. Hier leistet auch die optionale Wärmepumpe einen Anteil daran. Das Fahrassistenzpaket fügt neben der 360 Grad Kamera, welche wegen der bescheidenen Übersichtlichkeit (besonders beim Schulterblick) essentiell ist, und einigen anderen Komfortfeatures auch die Spurzentrierung mit Spurwechsel-Assistent hinzu, was problemlos funktioniert und lange Fahrten auf der Autobahn spürbar vereinfachen.
Fazit:
Der neue Ford Capri ist nun ein Elektro-SUV, welches mit großzügigem Platzangebot und spritzigem Fahrverhalten punkten kann. Neben dem Wunsch nach hochwertigerer Materialwahl und realen Knöpfen und Reglern zur Bedienung der wichtigsten Funktionen wäre es auch schön gewesen, wenn Ford bei der Nomenklatur nicht dasselbe wie beim Mustang Mach-E getan hätte und stattdessen einen neuen Namen gewählt hätte. Dennoch kann der Capri mit sportlichem Fahrverhalten, erstklassigem Praxisverbrauch und jeder Menge Platzangebot im Test punkten.
Was uns gefällt:
- Das direkte Fahrverhalten
- Die gute Effizienz
- Das Platzangebot im Fahrgastraum und Kofferraum
Was wir noch verbessern würden:
- Aufwertung der Materialwahl im Interieur
- Die nicht gerade intuitive Bedienung
- vier Fensterheber
Factbox: Ford Capri Extended Range RWD
Motor/Antrieb
Motor: Elektromotor
Leistung kW/PS: 210 kW/ 286 PS
Drehmoment: 545 Nm
Antrieb: Heckantrieb
Getriebeart: 1-Gang-Automatikgetriebe
0-100 km/h: 6,4 Sekunden
V-Max: 180 km/h
Verbrauch/Umwelt
Werksangabe – kombiniert: 14,8-13,8 kWh/ 100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt: 18,7 kWh/ 100 km
Reichweite nach WLTP: 590-627 km
CO2-Emissionen: 0 g/km
Ladedauer (Herstellerangaben)
Wallbox, 11 kW (10-80%): 5:16 h
Gleichstrom-Schnelllader (10-80%): 28 min
Reifen/Felgen/Bremsen
Bremsen: VA: Scheibenbremsen innenbelüftet HA: Scheibenbremsen
Felgen/Reifen: VA: 235/55 R19 HA: 255/50 R19
Gewicht und Maße
Leergewicht: 2.098 kg
L/B/H: 4,634/ 2,063/ 1,626 m
Radstand: 2,767 m
Kofferraumvolumen: 627-1510 Liter
Elektrische Speicherkapazität in Kilowattstunden: 77 kWh (netto)
Preise
Ford Capri zu haben ab: € 46.390,-
Ford Capri ER zu haben ab: € 51.290,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVa und MWSt.: € 55.090,-
Sonderausstattung:
Fahrassistenzpaket € 1.800,-
Lackierung Magnetic Grey Metallic € 700,-
Wärmepumpe € 1.300,-
(c) Bilder: Sebastian Poppe