Nicht lange ist es her, da durften wir bereits den BYD Seal testen. Nun war es Zeit für den großen Bruder mit SUV-Silhouette, den Seal U. Aber auch wenn sie beinahe den gleichen Namen haben, sind sie doch sehr unterschiedlich.
Exterieur: Eindeutige Verwandtschaft
Der BYD Seal U übernimmt eine Vielzahl an Stilelementen, die der Seal auch aufweist. Dies fällt bereits an der Front auf, wo die runtergezogene Frontstoßstange sitzt. Sie ist natürlich aufgrund des Fahrzeugtyps etwas höher als bei der Limousine, aber auch die Kanten wurden abgerundet, sodass der Seal U deutlich weniger aggressiv wirkt. Auch die Voll-LED-Scheinwerfer sind beinahe ident, sorgen allerdings auch für einen etwas sanfteren Blick. Unterhalb der Scheinwerfer wurde leider die auffällige LED-Lichtsignatur entfernt und stattdessen pro Seite zwei zueinander parallel verlaufende Chromstreifen angebracht. An den Seiten wird bereits über den Radkästen eine scharfe, sogar leicht herausstehende Kante aufgegriffen, die über die Türen hin bis zur Heckpartie und den Rücklichtern führt. Außerdem findet man seitlich noch eine etwas weniger prägnante Kante im unteren Bereich der Türen, unter der der Seitenschweller hervorschaut.
Kommen wir zum Heck, wo ein Lichtband über die gesamte Breite gezogen wird und dabei durchaus an jenes aus Zuffenhausen erinnert. Darunter wurde dann erneut eine Form ins Kunststoffkleid gebogen und angedeutete Luftauslässe hinter den Radkästen untergebracht. Nach unten schließt das Heck erneut mit einem hellgrauen, matten Element ab, was ein wenig an einen Unterfahrschutz erinnern könnte. Hier stellt sich mir die Frage, warum denn nicht gleich auf die Chromteile an der Front verzichtet wurde und stattdessen durchgängig auf mattes Hellgrau gesetzt wurde.
Interieur: Business fliegen zum Preis von Economy
Im Innenraum angekommen ist es natürlich erstmal der drehbare und markentypische 12,8-Zoll Touchscreen (in der Ausstattungslinie „Design“ ist dieser übrigens 15,6-Zoll groß), welcher als Infotainmentdisplay dient und die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Nachdem man drei Mal das Display drehen ließ, was man danach vermutlich sowieso nie wieder macht, stellt man fest, dass die Ledersitze noblen Sitzkomfort bieten. Dazu sind sie auch beheizbar und belüftbar. Apropos Heizung: Die Luftauslässe sind, ganz anders als bei der Limousine, mit vertikal verlaufenden Rippen in Chrom gehalten, was einerseits relativ nobel, aber auch etwas altbacken wirkt. Ein cooles Feature für heiße Tage ist, dass man bei richtiger Einstellung der Lüftungsdüsen unterhalb des Displays Getränke in den Getränkehaltern vor dem Überkochen bewahren kann. Auch das Lenkrad und das Fahrinfodisplay machen einen hochwertigen Eindruck, der auch während der Fahrt anhält.
Wirklich aufwertend wirkt das große, öffenbare Panoramadach, da es viel Licht ins Innere lässt und so für ein luftiges Raumgefühl sorgt, aber auch die allgemein hohe Verarbeitungsqualität des Interieurs. Wenn es schon um Raum geht, denkt man meist sowieso an die Kopf- und Beinfreiheit im Fond, welche beim BYD Seal U nicht zu kurz kommt. Gerne auch zu viert ist luxuriöser Reisekomfort garantiert und das selbst bei großgewachsenen Passagieren. Besonders für diese Preisklasse ist das eine echte Ansage. Zum Verstauen des Gepäcks bleiben dabei 552 Liter im Kofferraum übrig, außer man legt die Rückbank um, denn dann stehen 1.440 Liter zur Verfügung, wodurch auch ein Umzug durchaus im Bereich des Möglichen ist.
Fahrverhalten: Meister des entspannten Gleitens
Angetrieben wird der Seal U von einem Permanentmagnet-Synchronmotor, der an die Vorderräder gekoppelt ist und von einer 71,8 kWh großen BYD Blade Battery (LFP) gespeist wird. Durch die rund 217 PS (160 kW) und 310 Nm erreicht er aus dem Stillstand die 100 km/h-Marke in 9,3 Sekunden, und das bei einem Leergewicht von knapp zwei Tonnen. Beschleunigungsmonster ist er also keines, aber das ist auch nicht notwendig, da ohnehin das entspannte Cruisen eher das Metier des Elektro-SUVs ist. Das macht sich auch beim Fahrwerk bemerkbar, denn straffes Kurvenfahrverhalten wird durch gediegenes Ausbügeln jeglicher Bodenunebenheiten ersetzt, und das macht er gut, der Seal U.
Typisch für ein rein elektrisches KFZ ist natürlich auch die Verfügbarkeit von Rekuperationsstufen, welche allerdings selbst im Modus „High“ sehr schwach ausfallen. Hier dürfte das Fahrzeug deutlich spürbarer kinetische Energie wieder in Elektrische umwandeln.
Beim Laden der Lithium-Eisenphosphat-Batterie genehmigte sich der Seal U exakt eine Stunde, um mit 48 kW Ladeleistung von 19% auf 80% zu kommen. Insgesamt konnten wir bei sehr entspanntem Fahrstil einen Durchschnittsverbrauch von 19,8 kWh/ 100 km erzielen, was für diese Klasse ganz in Ordnung ist. Auf der Autobahn darf es auch ein bisserl mehr sein.
Abschließend ist zum Fahrverhalten zu sagen, dass wir weiterhin rätseln, weshalb bei Elektroautos, welche viel flexibler bei der Raumnutzung sind, vereinzelt auf Frontantrieb zurückgegriffen wird, da dieser besonders bei Witterung immer erneut mit Traktionsverlusten zu kämpfen hat und diese Kräfte auch an der Lenkung zu spüren sind. Immerhin liegt der Großteil des Gewichts beim Beschleunigen auf der Hinterachse. Demnach würden wir uns eine Heck- bzw. Allradversion wünschen.
Sicherheit und Technik: Nicht raffiniert genug
Während unseres Tests konnten wir viel zu oft feststellen, dass beispielsweise der Lichtsensor viel zu träge eingestellt ist. So passierte es häufig, dass man in eine längere Unterführung einfährt und erst beim erneuten Erreichen des Tageslichtes auf der anderen Seite das Abblendlicht eingeschaltet wurde. Ähnlich fiel uns auf, dass der Abstandstempomat zwar in Ordnung arbeitet, aber nicht so gleichmäßig performt wie man es sich wünschen würde. Aber auch diese genannten Punkte werden wohl in eines der nächsten Updates integriert werden.
Fazit:
Der BYD Seal U ist ein komfortables E-SUV, das besonders beim entspannten Reisen brillieren kann, solange man nicht jede Woche tausende Kilometer runterspult. Egal ob in der ersten oder zweiten Reihe, bequem hat man es allemal. Auch der Kofferraum ist groß genug, um alles Relevante unterzubringen.
Bei den Assistenzsystemen würden wir uns an einigen Stellen ein Software-Update wünschen. Abgesehen davon ist dieses Preis-Leistungs-Verhältnis wirklich fantastisch und man bekommt sehr viel Auto für vergleichsweise kleines Geld.
Was uns gefällt:
- Das hochwertige Interieur
- Das großzügige Platzangebot
- Das entspannte Fahrgefühl
Was wir noch verbessern würden:
- Ein Software-Update für die Assistenzsysteme einspielen
- Eine Heck- oder Allradantrieb-Variante anbieten
- Übernehmen eines ähnlichen Lichtdesigns wie beim BYD Seal
Factbox: BYD Seal U Comfort
Motor/Antrieb
Motor: Permanentmagnet-Synchronmotor
Leistung kW/PS: 160 kW/ 217,5 PS
Drehmoment: 310 Nm
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: 1-Gang-Automatikgetriebe
0-100 km/h: 9,3 Sekunden
V-Max: 175 km/h
Verbrauch/Umwelt
Werksangabe – kombiniert: 19,9 kWh/ 100 km
Gas-Junky-Test – Durchschnitt: 19,8 kWh/ 100 km
Reichweite nach WLTP: bis zu 420 km
Ladedauer (Herstellerangaben)
Gleichstrom-Schnelllader (10-80%): 42 min
Gleichstrom-Schnelllader (30-80%): 27 min
Reifen/Felgen/Bremsen
Bremsen: VA: Scheibenbremse innenbelüftet HA: Scheibenbremse
Felgen/Reifen: 235/50 R 19
Gewicht und Maße
Leergewicht: 2.020 kg
L/B/H: 4,785/2,085/1,668 m
Radstand: 2,765 m
Kofferraumvolumen: 552-1440 Liter
Elektrische Speicherkapazität in Kilowattstunden: 71,8 kWh
Preise
BYD Seal U zu haben ab: € 39.980,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVa und MWSt.: € 39.980,-
(c) Bilder: Sebastian Poppe