Praxistest: Toyota RAV4 – Einsteigen und wohlfühlen

Als Toyota 1994 mit dem RAV4 eine völlig neue Fahrzeugkategorie schuf, ahnten nur die Wenigsten, dass sich die so genannten SUVs, also Sport Utility Vehicles, zu den Lieblingen am Automarkt entwickeln würden. Während der Urahn des „Recreational Active Vehicle 4“ vorerst mit einer Länge von 3,70 m anfangs nur als Dreitürer verfügbar war, ist der RAV4 25 Jahre später mit einer Länge von 4,60 m nicht nur größer, sondern auch über sich hinaus gewachsen.

Mutiges Design

Sein Außenkleid ist geprägt von Ecken, Kanten, Sicken und extrem konturiert gezogenen Linien. Damit hebt er sich stark von seinem Vorgänger ab, der doch sehr gefällig und eher unscheinbar gestylt war. Im Unterschied zu anderen Toyota-Modellen gibt es hier auch keine keilförmig spitz zulaufende Schnauze, sondern ausreichend Platz für einen wuchtigen Kühlergrill, der sich über die gesamte Fahrzeugfront zieht. Damit wirkt der RAV4 im Rückspiegel anderer Autos, auch ob seiner Höhe, sehr bullig.

Die leicht schräg angesetzten LED-Leuchten lassen ihn fast ein wenig aggressiv wirken – und so geben die Mittelspurblockierer und andere Dahinschleichende gerne bereitwillig den von ihnen so geliebten Platz frei. Dafür werden sie mit einer feschen Rückansicht belohnt und wer den Kopf beim Überholtwerden noch zur linken Seite dreht, kann sich in der Ausstattungslinie BiTone vom stimmigen Zweifarben-Look und den perfekt dazu passenden Felgen überzeugen.

Eigentlich lädt der RAV4 ja mehr zum Cruisen ein. Dennoch wird er auch bei höheren Geschwindigkeiten nicht unruhig und versieht seinen Dienst komplett unaufgeregt. Er ist agil im Handling und kann durch den tiefer liegenden Schwerpunkt (der Tank ist vor die Hinterachse gerückt), auch flotter durch Kurven getrieben werden. Die Lenkung ist wunderbar präzise und vermittelt das Gefühl, gut mit der Straße verbunden zu sein. Seine große Stärke kann der Hybrid aber im Stadtverkehr oder auf Landstraßen ausspielen.

Treibstoff-Fresser SUV?

Nicht der RAV4: Dank neuerer Hybridtechnik wird rein elektrisches Gleiten auch bei Geschwindigkeiten um die 100 km/h ermöglicht. Wer sich also bemüht, Geldbörsel schonend zu fahren, wird mit dem RAV4 einen kongenialen Partner finden. Wählt man zusätzlich den Eco-Mode, merkt man zwar – im Unterschied zum Normal-Modus – geringfügig schlechtere Beschleunigungswerte und ein etwas lahmes Ansprechverhalten, für den Durchschnittsfahrer ohne Rennambitionen sollte sich der Alltag damit aber durchaus sparsam bewältigen lassen.

Trotzdem ist der RAV4 so ausgelegt, dass Kraft dann verfügbar ist, wenn man sie benötigt. Allerdings kann es passieren, dass man mit quietschenden Reifen losfährt, wenn man sich rasch in den Fließverkehr einordnen möchte. An dieser Stelle sei jedoch erwähnt, dass wir während des Testbetriebs Temperaturen jenseits der 30 Grad hatten und der Test RAV4 seine Kräfte ausschließlich an die Vorderachse losließ. Also sind wir brav in der City geblieben oder durch Dörfer gefahren und haben verwunderte Blicke von Passanten geerntet, weil solch ein großes Auto so leise fahren kann: Bis auf die Abroll- und Fahrtwindgeräusche cruist man nämlich elektrisch fast lautlos durch die Gegend.

Innere Werte

Der Geräuschpegel ist auch im Innenraum sehr gering – es sei denn, man fordert die JBL-Lautsprecher heraus. Die Lautstärke kann endlich wieder über Drehregler verändert werden. Diese schon fast ausgestorbene Art gibt es auch für die Klimaanlage. Die anderen Schalter sind dagegen eher klein ausgefallen und deswegen, besonders während der Fahrt, schwer zu bedienen. Da können auch die an Bord befindlichen Assistenzsysteme (wie Spurhalteassistent oder Tempomat mit einem strengen Abstandsregler) nicht helfen. Gleiches gilt leider auch für das Navi, das weder mittels Tasten noch über die Spracheingabe das gewünschte Ziel erkennt. In Zeiten von Android Auto und AppleCar Play wäre das an sich kein Problem – wenn man diese Features an Bord hätte. Was auch etwas merkwürdig anmutet, ist die Gedankenpause, durch die Verkehrsnachrichten angekündigt werden.

Der Infotainment-Bildschirm wirkt leider etwas antiquiert – und das, obwohl es sich um die neueste Generation des RAV4 handelt. Schade, denn dadurch kann er auch der Rückfahrkamera nur eine mäßige Auflösung bieten. Toll hingegen ist, dass über einen „View“-Schalter, der links vom Volant platziert ist, ausgewählt werden kann, aus welcher Perspektive man seine Umgebung wahrnehmen möchte: Möglich sind Ansichten vor und hinter dem Fahrzeug sowie seitlich davon, dies ist natürlich ein klarer Vorteil in engen Garagen.

Die Sitze im RAV4 bieten guten Halt, sind angenehm fest gepolstert und können fahrerseitig mehrfach verstellt werden. Überhaupt ist der Innenraum durch hochwertig anmutende Materialen gekennzeichnet, deren Einsatz manchmal auch überrascht: So ist die Rückseite jener Griffe, mit Hilfe derer man die Tür schließt, mit einer Anti-Rutsch-Beschichtung versehen. Diese findet sich auch in den diversen Ablagefächern (z.B. bei der induktiven Smartphone-Ladestation oder überm Handschuhfach) wieder. Der Innenraum des RAV4 ist sehr geräumig und bietet auch groß gewachsenen Personen im Fond ausreichend Platz. Die 60:40 teilbaren Rücksitze sind schnell und einfach umzulegen und verwandeln den Ladeboden in eine fast ebene Fläche. Ebenso sehr praktisch: Die angenehm niedrige Ladekante und natürlich auch die Heckklappe, welche weit aufschwingt, sodass darunter auch 1,85 m große Personen aufrecht stehen können ohne sich daran den Kopf zu stoßen.

Fazit

Es gibt Autos, in die steigt man ein und fühlt sich auf Anhieb wohl. Der neue Toyota RAV4 gehört für mich zu diesen seltenen Exemplaren. Mit seinem unverkennbaren Auftritt, bestem Platzangebot und einem (sofern gewünscht) knackigen Fahrverhalten stellt er mit einem Testverbrauch von sechs Litern auf 100 km viele andere SUV in den Schatten.

Was uns gefällt:

  • ein Hingucker zu sein
  • die hochwertige Verarbeitung
  • die Mischung aus sparsam und spritzig

Was wir noch verbessern würden:

  • die Verkehrsfunk-Einspielung
  • die Bedienung des Infotainment-Displays
  • die Sprachsteuerung für Handy und Navi

Technische Daten

Motor/Antrieb

Motor: Benzinmotor, Reihen-4-Zylinder
Hubraum: 2.487 ccm
Leistung kW/PS: 131 kW/178 PS
Drehmoment: 221 Nm bei 3600 bis 5200 U/min
Leistung kW/PS E-Motor: 88 kW/120 PS
Max. Drehmoment E-Motor: 202 Nm
Systemleistung kW/PS: 160 kW/218 PS
Antrieb: Frontantrieb
Getriebeart: kontinuierliches variables Getriebe (E-CVT)
0-100 km/h: 8,4 Sekunden
V-Max: 180 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – Stadt/Land/kombiniert, l/100 km: 4,7/ 4,7/ 4,6
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 6,0
CO2 Emissionen: 105 g/km Euro 6d-TEMP

Fahrwerk/Reifen/Bremsen

Vo. Achse: Einzelradaufhängung, MacPherson-Federbeine
Hi. Achse: Einzelradaufhängung, Doppelquerlenker
Bremsen: VA + HA: Scheibenbremsen (vorne innenbelüftet), ABS
Felgen/Reifen: 18“ 7 J / 225/60R18 100H

Gewicht und Maße

Leergewicht: 1.614 kg
L/B/H: 4,600/1,855/1,685 m
Radstand: 2,690 m
Wendekreis: 11,0 m (Räder) bzw. 11,8 m (Wand)
Kofferraumvolumen: 580 – 1.690 Liter
Tankinhalt: 55 Liter
Kraftstoff: Benzin

Preise

Toyota RAV zu haben ab: € 36.890,-
Toyota RAV4 2,5 2WD HSD Style/BiTone zu haben ab: € 43.490,-
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und MWSt: € 46.340,-

Sonderausstattung

Driver Assist Paket (Toter-Winkel Warner, Rückraumassistent, ICS, Induktive Ladestation, Smart-Innenrückspiegel) € 1.350,-
Navigationssystem Toyota Touch 2 & Go € 900,-
Metallic-Lackierung € 600,-

(c) Bilder: Gas Junky, sp