Praxistest: Renault Kangoo – Einer für alle(s)

Der neue Renault Kangoo ist in vielerlei Hinsicht anders als andere Hochdachkombis. Das beginnt schon mit seinem gelungenen Äußeren, das weit weg vom Lieferwagen-Charme ist, und endet definitiv bei mehr als einem Dutzend an Assistenzsystemen – serienmäßig. Das muss einem erst einmal einer nachmachen – vor allem in Kombination mit dem gelungenen Preis-/Leistungsverhältnis.

Seit 1997 zählt der Kangoo zu den beliebtesten Fahrzeugen dieser Klasse. Auch die jüngste Generation hat das Zeug dazu, zahlreiche Fans zu finden: von Familien mit mehreren Kindern (fünf vollwertige Sitze mit drei Isofix-Kindersitzhalterungen), über aktivitätsliebende Menschen bis hin zu Personen, die einen Rollstuhl transportieren. Die für den Einstieg weit öffnenden Fronttüren (bis zu 90 Grad) begeistern in jedem Fall. Ein- und Aussteigen war noch nie so einfach, auch die Sitzhöhe ist angenehm. Was wir uns gewunschen hätten, wäre etwas mehr Unterstützung für die Wirbelsäule bzw. mehr Seitenhalt – gerade bei längeren oder kurvigeren Strecken.

Lade(raum)wunder

Die Rücksitze lassen sich im Verhältnis 60/40 umlegen und zaubern im Nu einen komplett ebenen Ladeboden, der noch dazu abwaschbar und damit äußerst leicht zu reinigen ist. Bleibt der Beifahrer zu Hause, kann man sogar dessen Sitz nach vorne klappen. Das Kofferraumvolumen fasst bei normaler Sitzkonfiguration bis zu 775 Liter. Die Länge des Laderaums beträgt 1,03 Meter bis zu den Rücksitzen. Sind Rücksitzbank umgeklappt (Laderaumlänge 1,88 Meter) und Beifahrersitz (Laderaumlänge 2,70 Meter), stehen 3.500 Liter zur Befüllung bereit. Wem das noch immer nicht reicht, der verfügt zusätzlich über 80 kg Dachlast. Diese kann auf der Dachreling befestigt werden, die über integrierte Querträger verfügt, die sich bei Bedarf ohne Werkzeug ausfahren und in die gewünschte Position bringen lassen.

Unser Testwagen war mit einer weit aufschwingenden Heckklappe ausgestattet. Wer beim Ausladen nicht so viel Platz nach hinten hat, wird sich eher für Doppeltüren entscheiden. Auch bei der Motorisierung kann man sich jeweils zwischen zwei Varianten entscheiden: 75 kW (100 PS) oder 96 kW (130 PS) bei den Benzinmotoren und 55 kW (75 PS) und 70 kW (95 PS) bei den Dieselmotoren. Eine Elektrifizierung folgt demnächst. Wir (zwei Personen inkl. Gepäck und Skiern im Auto) waren mit dem stärkeren Diesel auf der Autobahn unterwegs und haben rund 6 Liter auf 100 km verbraucht. Trotz zwischendurch immer wieder flotterem Tempo waren wir gar nicht so weit von Renaults Verbrauchsangabe von 5,5 Litern auf 100 km entfernt. Das Fahrwerk ist eher komfortabel abgestimmt.

Verbrauchsreduzierende Features

Renault unterstützt einen geringeren Verbrauch nicht nur mit der neuesten Generation an Diesel- und Benzinmotoren oder Schaltempfehlungen (die Gänge kann man exakt und sauber sortieren), sondern auch mit einer leichteren Motorhaube aus Aluminium, Reifen mit geringerem Rollwiderstand oder dem serienmäßigen Einsatz von Full LED-Leuchten. Letztere reduzieren den Verbrauch nicht nur um rund 0,04 Liter pro Kilometer, sondern sehen mit ihrer Lichtsignatur in C-Form (besonders von hinten) auch noch gut aus. Die Nebelleuchten agieren zudem als Kurvenlichter und leuchten die Fahrbahn ebenso gut aus wie die Hauptscheinwerfer.

Hochdachkombis muss man mögen, nicht zuletzt aufgrund der doch vorhandenen Windanfälligkeit und dem damit verbundenen Geräuschpegel. Trotzdem versprüht der Kangoo eine gewisse Eleganz. Die nahtlose Integration der Seitenscheiben sowie Fensterrahmen und Dachsäulen in glänzendem Schwarz sorgt für einen gelungenen Auftritt. Die 17-Zoll Leichtmetallfelgen im Diamantschliff, zahlreiche Details in Wagenfarbe (wie Stoßstangen, Türöffnungen oder die Schutzleisten der beidseitigen Schiebetüren) und verchromte Elemente unterstreichen die Design-Harmonie des französischen Raumwunders. Weniger gut gefallen hat uns in diesem Zusammenhang die wuchtige A-Säule, die die ansonsten perfekte Übersichtlichkeit im neuen Kangoo etwas trübt. Das kleine Dreiecksfenster schafft jedoch in Kombination mit einer anderen Blicktechnik rasch Abhilfe.

14 Assistenzsysteme serienmäßig

Sehr vorausschauend sind auch die zahlreich verbauten Assistenzsysteme. 14 Stück hat Renault hat dem Kangoo spendiert und serienmäßig mit an Bord gegeben. Kleiner Auszug gefällig? Abstandswarner, Tempomat mit Geschwindigkeitsbegrenzung und aktiver Bremsung bei Bergabfahrt, Tempowarnfunktion mit Verkehrszeichenerkennung, Spurhalteassistent, Toter Winkel-Warner, automatische Notbremsung mit Fußgänger- und Fahrrad-Erkennung, Einparkhilfe, Rückfahrkamera, aktive Müdigkeitswarnung, und vieles mehr.

Welches dieser Helferleins uns im Fließverkehr bei Gegenverkehr auf der Landstraße (mit Tempo 80 km/h) die Aufforderung BREMSEN (weiße Schrift auf rotem Hintergrund inkl. akustischer Warnung) ins Display am Armaturenbrett gezaubert hat, wissen wir nicht. Wir waren nur froh, dass es bei der Hinweismeldung blieb und der Kangoo nicht autonom bremsen kann. Auch rätseln wir noch, was der Kangoo an unserer Spurwahl auszusetzen gehabt hat. Ein Blick in die Bedienungsanleitung verrät, dass der Kangoo auch die Spur des Gegenverkehrs berechnet und deswegen Ausweichmanöver (z.B. weiter weg von der Mittelinie) mittels rotem Doppelpfeil empfiehlt.

Als angenehm empfunden haben wir, dass man die Vibration am Lenkrad abschalten kann. Die Lenkung selbst wirkt etwas indirekt, aber keinesfalls schwammig. Hinterm Lenkrad hat der Fahrer noch eine große Box mit zwei USB-Anschlüssen und einem 12-Volt Anschluss. Damit hat man in Sachen Konnektivität aber noch lange nicht das Auslangen gefunden. Insgesamt stehen bis zu vier 12 Volt- und bis zu fünf USB-Anschlüsse zur Verfügung. Fürs Smartphone gibt es eine links oder rechts vom Volant anbringbare Halterung und eine induktive Ladeschale. Für allerlei Krimskrams stehen 49 Liter an Ablage- und Stauflächen zur Verfügung, etwa in den Türen, der Mittelkonsole, dem Dachhimmel, der ausfahrbaren Schublade (bei anderen Autos „Handschuhfach“ genannt), etc.).

Fazit

Der Renault Kangoo kann mit seinen vielen technischen Features und dem gelungenen Äußeren durchaus auch Menschen für sich begeistern, die bisher keine Fans von Hochdachkombis waren. Die vielfältigen Möglichkeiten (zahlreiche Motorisierungen und Farben) lassen ihn zu einem Begleiter für (fast) alle Eventualitäten werden – nur Allrad sucht man derzeit vergeblich.

Was uns gefällt:

  • so viele Assistenzsysteme für ein Auto dieser Klasse – und das serienmäßig!
  • dass man uns die Wahl der gewünschten Motorisierung überlässt
  • das doch recht gut gelungene Äußere

Was wir noch verbessern würden:

  • die Geräuschdämmung im Innenraum
  • die Sitze, insbesondere Unterstützung beim Fahrersitz
  • die Übervorsichtigkeit mancher Assistenzsyteme

Factbox: Renault Kangoo Intens dCi 95

Motor/Antrieb

Motor: Vierzylinder-Dieselmotor mit Direkteinspritzung und Turbolader
Hubraum: 1.500 ccm
Leistung kW/PS: 70 kW/95 PS
Drehmoment: 260 Nm 1.750 U/min
Antrieb:
Vorderradantrieb
Getriebeart: 6-Gang-Schaltgetriebe
0-100 km/h: 15,1 Sekunden
V-Max: 164 km/h

Verbrauch/Umwelt

Werksangabe – kombiniert, l/100 km: 5,5 (WLTP)
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 6,2
CO2 Emissionen: 145 – 143 g/km Euro 6d (WLTP)

Bremsen/Felgen/Reifen

Bremsen: VA: Scheibe (belüftet), HA: Trommel
Felgen/Reifen: 205/55 R17

Gewicht und Maße

Leergewicht: 1.677 kg
L/B/H: 4,486 / 1,893 / 1,919 m
Radstand: 2.716 m
Kofferraumvolumen: 775 – 3.500 Liter
Tankinhalt: 54 Liter, 18,6 Liter AdBlue
Kraftstoff: Diesel

Preise

Renault Kangoo Edition One TCe 100 (Benzin) zu haben ab: € 25.150,-
Renault Kangoo Intens dCi 95 (Diesel): € 29.200,-

(c) Bilder: Renault Media