Praxistest: Mazda6 Sport Combi

Mit der Präzision und Eleganz eines Samurai-Kriegers

Frau Holle hat uns diesen Winter, insbesondere im Jänner gezeigt, dass sie trotz Klimawandel noch über genügend gut gefüllte Kopfpölster verfügt. Das Resultat waren unter anderem eingeschneite Ortschaften und schwer überwindbare Passstraßen. Gerade in solchen Extremsituationen sehnt sich der ein oder andere Autofahrer nach einem zuverlässigen Fahrzeug, das einem dank Allradantrieb und luxuriöser Innenausstattung zur Seite steht, um möglichst gelassen vorwärts zu kommen – oder auch um Stauaufenthalte damit cool zu meistern. Passend zu diesen Gedanken durften wir uns über den Fahrzeugtest im neuen Mazda6 Sport Combi AWD Revolution Top erfreuen.

Dank Kodo-Design zum Dauerbrenner

Als Mazda 2011 die neue Designlinie Kodo präsentierte, zeichnete sich damals eine Trendwende innerhalb des japanischen Herstellers ab. Diese neue und einzigartige Designsprache verhalf Mazda zu einem ordentlichen Absatzplus, das sie vor allem ihrem SUV, dem CX-5 verdanken. Immerhin war das auch das erste Mazda-Modell in dem die Designlinie Einzug hielt. Kurz danach war es dann soweit und der Mazda6 präsentierte sich ebenfalls im neuen Kodo-Kleid. Und der Erfolg gibt ihm recht, immerhin hat er sich seit seiner Vorstellung 2012 äußerlich nicht großartig verändert. Jedoch gab es zwischenzeitlich immer wieder Facelift-Modelle, die den Mazda6 kontinuierlich aufgewertet haben. Das aktuellste Facelift ist seit Ende 2018 erhältlich und bringt sehr umfangreiche Änderungen mit sich, welche wegbereitend für die weiteren Verkäufe sein dürften.

Der schönste Lademeister der Japaner!

Die auffälligsten Überarbeitungen lassen sich an der Front erkennen, welche von dem riesigen Kühlergrill dominiert wird. Die Nebelscheinwerfer sind in die Hauptscheinwerfer integriert worden, weswegen die Stoßstange nun noch bulliger wirkt. Ein sehr gelungenes Detail ist der fließende Übergang der Chromspange des Kühlergrills direkt unter den neuen Matrix LED-Scheinwerfern.

Am Heck sind die Rückleuchten zugunsten eines sportlicheren Auftritts etwas abgesenkt worden und die Auspuffendrohre wurden größer dimensioniert. Ansonsten blieb der Nippon-Kombi nahezu unverändert, da er dank tiefen Seitenschwellern und 19-Zoll Bereifung bereits für einen sportlich, feschen Auftritt sorgt. Generell kann man bei dieser Linienführung einfach nur sagen, dass dieser Mazda6 wohl einer der schönsten zurzeit erhältlichen Kombis ist.

Beim Innenraum gelang ein weiterer Sprung in Richtung Oberklasse

Anhand der Innenverarbeitung kann man sehr gut die Entwicklung von Mazda als eleganten Fahrzeugentwickler beobachten. War die erste Modellreihe des Mazda6 noch etwas schlicht gehalten, so änderte sich dies bereits deutlich mit der zweiten Generation, die ab 2008 erhältlich war. Bei der aktuell erhältlichen dritten Baureihe gelang dann nochmal ein Sprung nach vorne, doch bei dem 2018er Facelift haben sie sich selbst übertroffen.

Die Verarbeitungsqualität macht inzwischen deutschen Herstellern Konkurrenz. Hier stimmt Haptik und Optik einfach perfekt zusammen – es dominieren Softtouch und lederbezogene Oberflächen. Das mittels Dreh- und Drückregler zentral bedienbare MZD Connect Infotainmentsystem ermöglicht nach einer kurzen Eingewöhnungsphase eine bequeme Menüführung durch Radio, Navi, Telefon und Apple CarPlay und Android Auto. Die gemütlichen Ledersitze bieten eine Sitzheizungs- und Kühlungsfunktion, leider fehlt es den Sitzen ein wenig an Seitenhalt.

Das Head-up Display kommt nun ohne Zusatzscheibe aus

Gleich zwei umfangreiche Neuerungen stechen sofort ins Auge, sobald man den Selbstzünder anwirft und den Blick auf die Straße wendet. Zum einen das Head-up-Display, welches die Fahrinformationen nun direkt in die Frontscheibe projiziert – die bisher verwendete Plexiglasscheibe ist daher nun endlich Geschichte.

Zum anderen ist die zentrale Instrumentenanzeige einer digitalen Anzeige gewichen. Dabei hat es Mazda geschafft, dass der Übergang von analog nach digital nicht allzu schwer fällt, da die digitale Tachoanzeige auf den ersten Blick nicht als solche erkennbar ist. Es wird beispielsweise die erlaubte Höchstgeschwindigkeit über einen farbigen Strich dargestellt und Informationen zum aktuellen Trip und Verbrauch lassen sich dort bequem durchswitchen.

Bei all dieser Technik muss ich einen kleinen Kritikpunkt anmerken, da das System wohl etwas temperaturempfindlich sein dürfte. Während meiner Testphase war nach einem Fahrzeugstart bei ca. -1 Grad ein Totalausfall des MZD Connect Infotainmentsystems zu verzeichnen. Auch ein Neustart führte nicht zur Behebung des Problems, erst nach einer mehrminütigen Zündungspause konnte das System wieder gestartet werden. Es könnte aber auch einfach nur ein gemeiner Zufall gewesen sein, denn in meiner zweiwöchigen Testphase wiederholte sich dieses Phänomen kein zweites Mal.

Die Reisezeit lässt sich auch gut auf der Rückbank aushalten

Das Platzangebot im Fond kann sich durchaus sehen lassen, sowohl Bein- und Kopffreiheit sind keine Mangelware. Erstmals Platz genommen dürfen sich die Fondpassagiere dann über bequeme Ledersitze mit integrierter Sitzheizung erfreuen.

Keine Sicht nach hinten – egal durch Surround View!

Durch die Sportkombi-Form ist die Sicht nach hinten leider kaum vorhanden, da die Heckscheibe sehr klein und schmal gehalten wurde. Dank Rückfahr- und 360 Grad-Kamera lässt sich dieses Manko aber verschmerzen. Leider ist die Rückfahrkamera etwas pixelig und zudem im Winter permanent verschmutzt, da sie nicht ausgeklappt wird oder mittels Waschdüse gereinigt werden kann.

Ein sportlicher Kombi mit sportlichen Genen?

Die Werte des Mazda6 Kombis muss man sich vor Fahrantritt auf der Zunge zergehen lassen: ein Allrad-Kombi mit 184 PS und einem Biturbo-Dieselmotor mit 2,2 Liter Hubraum und 445 Nm Drehmoment – erste Reaktion:“Wow!“
Mit einer entsprechend hohen Erwartungshaltung steigt man dann zum ersten Mal in den Lademeister ein und er hinterlässt auch einen bleibenden Eindruck – wenn auch einen etwas zwiespältigen.

Das volle Drehmoment liegt bereits ab 2.000 Umdrehungen an. Bereits bei jedem noch so kleinen Druck auf das Gaspedal spürt man, wie der kräftige Selbstzünder ans Werk geht. Dank dem relativ hohen Hubraum braucht die 6-Gang Wandlerautomatik nicht wie wild die Gänge durchrühren – wie es bei einigen Konkurrenzmodellen mit Downsizing-Motörchen durchaus der Fall ist. Nein, hier harmonieren das Drehmoment und der Hubraum einwandfrei. Fahrten bergauf lassen sich gemütlich im unteren Drehzahlbereich bewältigen, ohne dass man die niedrigen Gänge ausdrehen muss. An dieser Stelle muss man Mazda ein großes Lob aussprechen, dass sie auf den derzeitigen Downsizing-Trend in der Automobilbranche verzichten.

Kräftiger Diesel vs. Automatik 1:0

Fahrtechnisch gibt es also nichts auszusetzen? Leider doch, denn das Automatikgetriebe entspricht nicht dem neuesten Stand. Es benötigt des Öfteren eine Denksekunde zwischen den Gangwechseln – das merkt man vor allem im manuellen Fahrbetrieb. Der kritische Leser denkt sich wohl, dass das Jammern auf hohem Niveau ist, da es sich ja um keinen Sportwagen handelt – doch bei dieser Motorisierung erwartet man sich eine gewisse Spritzigkeit des Fahrzeugs. Und 9,7 Sekunden Werksangabe für den Sprint von 0 auf 100 sind in Zeiten wie diesen wahrlich keine Offenbarung. Die Topmotorisierung in der 2WD Version mit dem Sechsgang-Schaltgetriebe nimmt der getesteten Version mehr als eine Sekunde beim Sprint auf Landstraßentempo ab.
Die Stärken des Mazda6 Kombi liegen eher im Gleiten auf Landstraßen und Autobahnen, denn hier leistet der Motor wirklich hervorragende Arbeit. Auch das Fahrwerk ist etwas straffer abgestimmt, als es bei früheren Modellen der Fall war und die 320er Bremsscheiben an der Vorderachse packen knackig zu.

Mit dem Allradantrieb sicher durch den Jahrhundertwinter

Leider bin ich auch vom Allradantrieb nicht zur Gänze überzeugt, da er meiner Meinung nach einen Tick zu spät reagiert. Während der Testphase kam ich auch in den Genuss der ein oder anderen Schneefahrbahn und mein subjektives Gefühl der Spurtreue konnte sich nicht so recht entwickeln. Das heißt nun aber nicht, dass der Allradantrieb generell schlecht ist, denn sobald er sich (automatisch) aktiviert leistet er tadellose Arbeit – sei es beim Anfahren oder beim Beschleunigen auf rutschigem Untergrund. Durch den Allradantrieb und den Ad-Blue Tank leidet etwas das Ladevolumen, da nun kein Platz mehr für einen Reservereifen vorhanden ist. Aber das ist wohl ein Schicksal, das der Mazda6 mit vielen Mittelklassekombis teilen wird.

Eine perfekt abgestimmte Auswahl von Assistenzsystemen

Beim Thema Assistenzsystem hieß es bei Mazda nicht kleckern, sondern klotzen. Denn bereits die Einsteigerversion „Attraction“ wird ab Werk so gut bestückt, dass kaum Wünsche offen bleiben. In der von uns getesteten Variante „Revolution Top“ befinden sich dann fast alle erhältlichen Assistenen, welche zurzeit in der Mittelklasse erhältlich sind. Dazu gehören unter anderem ein Spurwechsel- und Spurhalteassistent, ein Notbremsassistent, eine Berganfahrhilfe, ein Regen- und Lichtsensor, ein adaptiver Tempomat und eine Verkehrszeichenerkennung. Vor allem der dreistufig verstellbare adaptive Tempomat leistet hervorragende Arbeit im Vergleich zu den Konkurrenzsystemen, welche oft zu früh und sehr abrupt eingreifen.
Beim Lichtsensor erkennt man im Fahrbetrieb schnell die neuen Matrix-LED Scheinwerfer, welche nur partiell das Fernlicht deaktivieren – so gut ausgeleuchtet und sicher konnte ich mich noch nie durch die Nacht bewegen – wer fährt da so spät durch Nacht und Wind – es ist der Mazda6 mit seinem neuen Licht.

Mein FAZIT:

Wenn man auf der Suche nach einem komfortablen und gut ausgestatten Kombi ist, wird man mit dem Mazda6 bestens bedient. Der drehmomentstarke Dieselmotor glänzt vor allem auf der Autobahn, wobei man aber angesichts der Fahrleistungen aber auch ohne Weiteres auf den kleineren und billigeren 150 PS Dieselmotor zurückgreifen kann, zumal dieser ebenfalls über eine 2,2 Liter Maschine verfügt.

Was mich begeistert:

  • Das Mazda sein Anti-Downsizing Programm konsequent weiter durchzieht
  • Die luxuriöse und hochwertige Innenausstattung

Was ich mir noch wünschen würde:

  • Eine 7-Gang Automatik mit direkterer Übersetzung
  • Individuell wählbare Fahrmodi
  • Eine Waschanlage für die Rückfahrkamera sowie eine bessere Bildschirmauflösung

Technische Daten: Mazda6 Sport Combi CD184 AWD AT Revolution Top

Motor / Antrieb

Motor: 4 Zylinder Dieselmotor
Hubraum / Verdichtung: 2.191 ccm3 / 14,4:1
Leistung  kW /PS (Gesamt): 135 kW / 184 PS bei 4.000 U/min
Drehmoment: 445 Nm bei 2.000 U/min
Antrieb: Allrad
Getriebeart: 6-Gang Automatikgetriebe
0-100 km/h: 9,7 Sekunden
V-Max: 212 km/h

Verbrauch / Umwelt

Werksangabe – Stadt/Land/kombiniert, l/100 km: 6,2 / 4,8 / 5,4
Gas-Junky-Test – Durchschnitt l/100 km: 7 L
CO2 Emissionen: 142 g/km Euro 6d-Temp

Fahrwerk / Reifen / Bremsen

Vo. Achse: McPherson-Federbeine, Dreiecksquerlenker, Querstabilisatoren
Hi. Achse: Einzelradaufhängung, Querstabilisatoren
Bremsen: VA: innenbelüftete Scheibenbremsen; HA: Scheibenbremsen
Felgen / Reifen: 225/45 R19

Gewicht und Maße

Leergewicht: 1.635 kg
L/B/H: 4,805 / 1,840 / 1,475 (Meter)
Radstand: 2,75m
Wendekreis: 11,8m
Kofferraumvolumen: 522 Liter
Kofferraumvolumen bei umgeklappten Rücksitzen: 1.648 Liter
Tankinhalt:
52,2 Liter
Kraftstoff:
Diesel

Preise

Mazda6 Sport Combi zu haben ab: 36.390,- €
Basispreis Mazda6 Sport Combi Revolution Top:
47.290,- €
Preis Testfahrzeug inkl. NoVA und Mwst: 48.180 €

Mica-/Metallic-Lackierung: 890,- €

(c) Bilder und Text: Gas Junky und Daniel Auer Photography

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